Es ist ja nun nicht so, dass ich noch nie mit einem Stahlrenner mit Campinggepäck unterwegs gewesen gewäre. (Damals 1985 von Münster nach Holland an die Nordseeküste). Das ging auch gut.
Warum auch nicht? Das funktioniert selbst heute noch.
Sobald aber Berge im Spiel sind, fährt sich der Alu-Bock mit 4 Taschen im Wiegetritt einfach besser. Als Ausgleich für den steifen (=harten) Rahmen habe ich bewusst dicke
Reifen empfohlen.
Siehst du, schon haben wir unterschiedliche Ansichten.
Wiegetritt auf Reise/Langstrecke? - Ist für mich eher ein Ausdruck von unpassender Übersetzung.
Insofern ist es
für mich unpassend, einfach eine Rennstandardübersetzung am Rad zu haben, wenn ich mit etwas mehr Gepäck unterwegs bin.
Je nach Strecke und Gepäck habe ich hinten gar eine fette MTB-Kassette drauf. Sieht vielleicht beschissen aus, dafür muß ich aber nur höchst selten aus dem
Sattel.
Wenn man mit Gepäck unterwegs sein will, und das nicht nur mal ein Wochenende, sollte man sich weit mehr Gedanken machen, wie man wieviel Gepäck unterbringen will.
Ein anständiger Heckgepäckträger ist da schon Pflicht. (Damit meine ich auch einen Träger, der nicht haufenweise Luft bis zum
Reifen/Schutzblech hat.)
Die Last möglichst tief anhängen!
Frontträger ist sehr gut, wenn man der Schwerlastfraktion angehört. - Brauchte ich bisher nicht, der Randonneur hat aber vorsichtshalber Ösen für so ein Teil an der Gabel.
Ich bin ziemlich flexibel unterwegs, da ich zwischen Randonneuse und Randonneur, sowie unterschiedlichen Taschen wählen kann.
Tagestouren mache ich meist mit Carradice-Satteltaschen. (Entweder in kleinerer oder größerer Version.)
Ansonsten habe ich noch Ortlieb-Frontroller für den Heckträger, eine kleine Lenkertasche (manchmal verwende ich hier auch eine Carradice-Satteltasche), eine zusätzliche Rolltasche von Ortlieb, die ich über und an den Frontrollern befestigen kann.
Damit komme ich(!) auch locker über 2 Wochen. (Mit Campingzeugs) - Aber ich komme prinzipiell auch mit eher wenig Zeugs aus.
Maximales Gepäckgewicht hat sich bei mir um die 15kg eingependelt.
Ich fahre ebenfalls Breitreifen. An der Randonneuse die Rubino Pro in 28mm, am Randonneur die Voyager Hyper in 32mm.
Fahrergewicht ca. 90kg, Radgewicht/Randonneur) ca. 15-16kg (inkl. Schutzbleche, Beleuchtung, Schloß, 2 Trinkflaschen, Luftpumpe, ... - Komplett eben.)
Nun ja, erste Mehrtagesausflüge habe ich ganz früher mit schwerem Vorkriegsstahlrad, ganz ohne Gangschaltung, dafür mit mehr Gepäck gemacht. - Da wackelte nichts, dafür habe ich die schwere Fuhre öfter mal geschoben.
Auch später wurde dann eben das genommen, was man sonst auch so fuhr. - Blöd, wenn es der leichte Stahlrenner war. - Viel zu schwere Satteltasche und Rucksack ließen von der Leichtigkeit des Rades nicht viel übrig.
Mit der Erfahrung wurde dann Trekkingrad angeschafft. (Das wäre wohl bis auf den fehlenden SON und die großen Räder beim Radreiseforum durchgekommen.)
Letztlich war es das aber auch nicht. - Kein Rennlenker, schwer, fette Puschen (37 oder gar 42mm), ...
Ich wollte nicht "Wohnzimmer-Küche-Bad", sondern ein zuverlässiges Rad, das flexibel einsetzbar ist. Nicht den schweren Reisebomber und auch nicht den Leichtrenner.
Letztlich haben mich meine eigenen Erfahrungen und auch die sich mittlerweile geänderten Anforderungen zu meinen jetzigen Rädern geführt. (Ich fahre lieber mit Leichtgepäck, als mit Schwerst-Expeditionszeugs rum. Das Zelt ist kleiner und leichter geworden, Besteck und Geschirr sind aus Titan, ... - Da hat sich seit meinen Anfangsjahren eine ganze Menge verändert.)
Und ich stellte fest, all das, was ich mittlerweile so fahren will, gab es auch schon fast immer so zu kaufen oder es gab wenigstens entsprechende Teile.
Warum nur habe ich das so viele Jahre nicht bemerkt? Vielleicht, weil das Randonnieren in Deutschland eher unbekannt ist?
Letztlich gab es auch früher schon immer die Möglichkeit, wenn man sich kein entsprechendes Koga (o.ä.) leisten wollte/konnte, wenigstens durch Anbau von Schutzblechen, Gepäckträger(n) an einen passenden Rahmen ähnliche Eigenschaften zu bekommen.
Ziemlich interessant finde ich neben holländischen und französischen Rädern auch noch die englischen Räder. (Was kamen mir die vor 30 Jahren teilweise skurril vor. - Dabei waren die einfach nur fürchterlich praktisch und dabei noch sehenswert.)
Aber vielleicht ist es das wirklich: In Deutschland gilt oft die reine Lehre. Rennräder haben minimiert, Reiseräder in Panzerqualität zu sein. Dazwischen gibt es hier wenig.
Während im Radreiseforum darüber schwadroniert wird, dass Laufräder in 622er Größe nicht halten können, sind damit Generationen von Fahrern aus (v.a.) anderen Ländern einfach damit unterwegs gewesen.
Ich habe Leute kennengelernt, die mit weit weniger Gepäck aufgebrochen und angekommen sind, als der typisch deutsche Radreisende. - Man muß vielleicht gar nicht für jedes mögliche Ereignis ausgestattet sein, wenn man in der Lage ist, ein wenig zu improvisieren und insgesamt ein wenig flexibler ist.
Es gibt also im Grunde kein Reiserad. Sondern "nur" ein Fahrrad und einen Reisenden. Wenn dieser Reisende mit seinem Gefährt gut klarkommt, stimmt es doch eigentlich.
Insofern: Rad nach Wahl einfach nehmen und probeweise Gepäck drantüdeln. Gepäckträger gibt es in unterschiedlichsten Bauarten und jede könnte die passende sein. - Ausprobieren!
Man merkt dann schnell, ob man auf dem richtigen Weg ist. (Wer allerdings eher der "deutschen Schwerlastfraktion" angehört, dürfte mit einem Randonneur grundsätzlich nicht gut bedient sein.)