... und ich dachte immer, dass die intensität der belastung einen einluss auf dieses verhältnis hat
OK, point well taken, ich hätte besser schreiben sollen. Die Nährstoffutilisation unter Last ist natürlich ein Sonderfall, aber eben auch nur ein kleiner zeitlicher Ausschnitt. Wenn man aber die Substratflüsse über lange Zeiträume betrachtet, sagen wir über das gesamte Leben eines Menschen, dann entspricht der Verbrauch an Nährstoffen ihrer Aufnahme. Das ergibt sich schon aus dem Energieerhaltungssatz. Ich kann ja nur verbrauchen, was ich vorher aufgenommen habe.
Weitere Sonderfälle könnten Umwandlungsprozesse sein, etwa Aminosäuren in Glucose, oder Glucose in Fettsäuren. Das ist aber reine Definitionssache. Ob ich Aminosäuren erst in Glucose umwandle und daraus Energie mache, oder ob ich Aminosäuren direkt zu Energie mache, spielt rein von der Bilanz her keine Rolle, aufgenommen und umgesetzt wurden Aminosäuren.
@Fe der Bergfloh mal ein Beispiel (waren konkret 33g KH)
Frühstück: 3 gekochte Eier
Mittag: griechischer Joghurt mit Brombeeren, Chiasamen und Sonnenblumenkernen
Abend: Nackensteak auf selbstgebackenem LC Brot mit Bergkäse überbacken
Ich hab diesen Plan mal durch meinen Rechner gejagt und komme ganz grob auf folgende Werte (grob, weil ich die genauen Mengen nicht kenne):
kcal: 2090
Carbs: 33,4g (7% der kcal-Menge)
Protein: 175,8g (35%)
Fett: 134,9g (60%)
(Prozentwerte addieren sich wegen Ungenauigkeiten der Nährwertangaben nicht genau zu
100%)
Defizite:
Vitamin B1: 40% vom Sollwert
Vitamin C: 25% vom Sollwert
Ballaststoffe: 40% vom Sollwert
Diese Defizite sind typisch für eine tierisch-orientierte Ernährung.
Gut ist hingegen die üppige Aufnahme an Calcium, Eisen und Zink (200% vom Sollwert), was typisch für eine sehr tierisch-orientierte Ernährung ist.
Im Keto-Paradigma optimal, aber laut offizieller Empfehlung bedenklich, ist die hohe Fettaufnahme von 200% des Sollswertes.
Die kcal-Aufnahme könnte je nach Verbrauch schon recht hoch sein, was aber bei solchen Fettmengen nicht anders geht.
Will ich jetzt in 6 Monaten 10kg abnehmen, muss ich etwa 60g Fett pro Tag zusätzlich zum aufgenommenen Fett verbrennen. Das wären bei dieser Ernährung 195g Fett pro Tag, die ich via beta-Oxidation oder via Umweg über Ketonkörper loswerden muss. Das ist allerdings ganz schön viel, zumal der periphere Energieumsatz Mangels Insulin-/Glucose-Signal gehemmt ist. Um Fett in dieser Größenordnung zu verbrennen muss der Körper obendrein massive Mengen Aminosäuren verbraten, allein um den Citratzyklus am laufen zu halten ("Fette verbennen im Feuer der Kohlenhydrate", wir erinnern uns - fehlen die Kohlenhydrate, müssen sie zwangsläufig im Feuer der Aminosäuren verbrennen). Das aber wird schonmal durch den Vitamin-B1-Mangel erschwert.
Meine realistische Vorhersage ist, dass daxor auf der Waage gut abnehmen wird, falls die Kalorienbilanz stimmt, dass aber ein erheblicher Teil davon mageres Gewebe, v.a. Muskel, sein wird. Unterm Strich könnte man bezüglich des Aussehens und der sportlichen Leistung deutlich bessere Ergebnisse erzielen, wenn man das Fett deutlich reduziert und die Kohlenhydrate deutlich erhöht.
Davon abgesehen wird der Vitamin-C-Mangel möglicherweise dazu führen, dass die Haut hängt. Vitamin C ist für Umbauprozesse des Bindegwebes zwingend erforderlich. Bei Vitamin-C-Mangel kann sich die Haut nicht straffen, um das fehlende Fettgewebe auszugleichen, weshalb sie ultimativ "hängen bleibt".
Warum die KH arme Ernährung bei dir den Cholesterinwert erhöht hat, könnte an einer zu fettreichen Ernährung liegen.
Logisch, aber ketogene Diät heißt zwangsweise auch überschüssige Aufnahme tierischer Fette. Laut reiner Lehre der Ernährungsbiochemie müssten die Hauptgründe für einen Cholesterinanstieg bei Ketodiäten sein:
1. Reduzierter Anabolismus aller Zellen. Cholesterin brauche ich für den Umsatz der Zellmembranen, das geht aber nur mit Insulin und Glucose. Für die Profis: Der Cholesterinumsatz der peripheren Gewebe ist abhängig vom PI3K/Akt/mTOR- und MAPK-Signalweg. Beide Signalwege sind ohne Insulin/Glucose stark supprimiert. Ohne Insulin kein Anabolismus. Cholesterin wird also nicht in die Zellen eingebaut und staut sich im Blut an.
2. Reduzierte Cholesterinausscheidung via Gallensäuren. Dafür brauche ich nämlich Ballaststoffe. Low Carb ist es unmöglich, über 50% der empfohlenen Ballaststoffaufnahme von 14g pro aufgenommene 1000kcal zu kommen.
3. Überhöhte Aufnahme tierischer Fette, insbesondere gesättigter, kurzer Fettsäuren.
Außerdem baut die Leber bei geringem Insulinsignal VLDL-Partikel, die von der Größe und vom Triglycerid-/Cholesterin-Verhältnis eher gefährlich bzgl. Arterienverkalkung sind. Bei höherem Insulinsignal baut sie weniger schädliche Lipoproteine.
Es hat schon einen Grund, warum die Ernährungsgesellschaften ihre Empfehlungen so und nicht anders herausgeben.
P.S.: Versteh das bitte nicht als Angriff oder Infragestellen deiner Thesen, ich möchte nur verstehen was passiert

Darf ich Fragen, was du von Beruf bist?
Keine Sorge, ich krieg selten was in den falschen Hals oder fühle mich angegriffen. Infragestellen ist überdies erlaubt

Beruflich bin ich u.a. Universaltaugenichts und Medizinstudent.
Zum Thema Insulin:
Ist es nicht so, dass der Insulinspiegel kurz nach dem "Höhepunkt" wieder sehr schnell rapide fällt? Das würde ja bedeuten, dass die aufgenommenen KH schnell und gut verbrannt werden (weil Insulinspiegel hoch) und die nachwirkende Fettverbrennung (wenn keine KH mehr da sind) sehr träge passiert, da der Insulinspiegel im Keller ist.
Nach meiner Schlussfolgerung wäre damit ein Masseaufbau gut zu erreichen, Abnehmen aber schwerer möglich, da Fett weniger effektiv verbrannt wird.
Der Insulinspiegel folgt mit minimaler Verzögerung dem Blutzuckerspiegel. Beide fallen bei gesunder Ernährung nie "rapide" ab, höchstens nach dem Genuss von Cola oder so. Aus eigenen Messungen (an mir) weiß ich, dass bei pflanzlich-orientierter Ernährung der Blutzucker kaum über den Nüchternbereich ansteigt, so bis etwa 110-130mg/dl. Die Fettverbrennung ist übrigens auch nicht "träge", Fettsäuren sind das Basissubstrat für den langfristigen, langsamen Energieumsatz. Selbst während zuckerlastigen Mahlzeiten findet noch eine gewisse Fettsäurenverbrennung statt. Wenn der Anteil der Kohlenhydrate am Gesamtenergieumsatz nach Mahlzeiten wieder sinkt, steigt in gleichem Maße auch die Fettsäurenverbrennung wieder an. Eine "Trägheit" wäre nicht wirklich mit dem Leben vereinbar, die lebenswichtigen Organe wie Herz, Leber, Nieren usw. arbeiten ja kontinuierlich und können nicht auf eine träge Fettsäurenverbrennung warten.
Was man von der eigentlichen "Verbrennung" (beta-Oxidation) der Fettsäuren unterscheiden muss, ist deren Freisetzung aus Fettzellen. Die sinkt nach Mahlzeiten üblicherweise ins Negative, d.h. Fettzellen nehmen Fettsäuren auf. Ganz unabhängig von Kohlenhydraten. Auch eine reine Fettmahlzeit drückt unabhängig von Insulin die Fettsäurenfreisetzung in negative Werte. Das ist nicht weiter wichtig, die eigentlich Bilanz der Fettsäuren ist der Unterschied zwischen Aufnahme und Verbrennung, die Speicherung in Fettzellen ist nur ein Puffer, der mal positiv, mal negativ ist.
Kohlenhydrate werden nach Mahlzeiten übrigens nicht vorwiegend verbrannt, sondern teilweise gespeichert, teilweise in anabole Synthesen kanalisiert (z.B. Zellteilung, Muskelwachstum, Regeneration, Bildung lebenswichtiger Substanzen wie Hämoglobin, Synthese von DNA/RNA, Proteinsynthese, etc.). Deswegen hab ich oben auch geschrieben, dass Insulin+Glucose den Energieumsatz des Körpers erhöht. Mangelt es an Insulin+Glucose, finden diese anabolen Prozesse einfach nicht, bzw. viel langsamer statt. Hat man genug Insulin+Glucose, ist der Energieumsatz und damit auch die Fettsäurenverbrennung unterm Strich insgesamt höher, obwohl letztere punktuell, also während den Mahlzeiten, gehemmt ist. Auf den langfristigen Durchschnitt kommt es an, nicht auf kurzfristige Momentaufnahmen.
Dazu eine Frage: Das würde ja bedeuten, dass ich, wenn keine KH aufgenommen werden, kein Gramm an Muskeln aufbauen kann, da mir die Glucose im Körper fehlt.
So extrem formuliert kommt das im echten Leben nicht vor, da man immer zumindest ein bisschen Glucose hat oder selbst macht. Aber während einer harten ketogenen No-Carb-Diät tritt ein Hungermetabolismus ein, wobei Magermasse eher abgebaut wird. Ein Aufbau ohne ausreichende Kohlenhydrataufnahme und ohne Anabolika ist langfristig eher undenkbar. Wenn du allerdings gerade eben mit Hardcore-Bodybuilding angefangen hast, dann hast du in den ersten Monaten eine erhöhte Anpassungsfähigkeit aufgrund des ungewohnten Trainingsreizes, da könntest du ein bisschen was aufbauen. Viel wird das aber nicht sein, denn auf Bodybuilding trifft die 90/90-Regel zu: Die ersten 90% sind Training, die zweiten 90% sind Ernährung
Allerdings ist es doch so (korrigier mich bitte wenn ich falsch liege), dass die Leber aus zu viel Eiweiß auch Glucose produziert, um die von dir genannte Synthese betreiben zu können.
Anabole Synthesen kann man nicht auf Pump betreiben. Die Umwandlung von Aminosäuren in Glucose (=Gluconeogenese) findet bei Glucosemangel statt, nicht bei Aminosäurenüberschuss, und ist unabhängig von der Verfügbarkeit von Nahrungsproteinen - fehlen letztere, wird halt körpereigene Proteinreserve angegriffen. Glucosemangel hemmt über diverse Mechanismen (z.B. hormonell: Glucagon, (Nor-)Adrenalin, Cortisol, fehlendes Insulin) anabole Syntheseprozesse. Ein Überschuss an Protein wandert also nicht in die Gluconeogenese, sondern in die Kloschüssel, da überschüssige Aminosäuren in Harnstoff, Wasser und CO2 umgewandelt werden.
Der anabole und katabole Stoffwechsel ist im Menschen gegenläufig reguliert und kann als Faustregel nicht gleichzeitig ablaufen. Gluconeogenese und anabole Synthesen schließen einander also leider aus. Sonst hätten wir ein tolles Perpetuum Mobile, bei dem ein Nährstoffmangel als Treibstoff für die Bildung von Körpermasse dient. Bei der Katze ist das übrigens wiederum anders. Ich hab die Katze oben als Beispiel für ein Tier genannt, dass sich natürlicherweise rein ketogen ernährt. Die Katze ist tatsächlich darauf angepasst, ihren großen Glucosebedarf nur aus Aminosäuren herzustellen. Bei der Katze wandert ein Proteinüberschuss nicht in den Urin, sondern in die Gluconeogenese, die ihr als Einmündung in anabole Syntheseprozesse dient. Leider sind wir keine Katzen und die Sache funktioniert so nicht bei uns.