T2DM ist multifaktoriell und baut auf einem Nährstoffüberangebot auf. Die Rolle eines KH-Überangebots würde ich dabei lieber nicht "mit Bestimmtheit" ausschließen.
Sorry, hab wieder zu schnell geschrieben und falsch formuliert. Wollte sagen, dass es keinen Anteil vonk KH am ausgeglichenen Energieumsatz gibt, der per se Diabetes auslöst. Bei einem Überangebot sieht es natürlich anders aus.
Also hier verrennst Du Dich. Schau´ noch mal genauer nach, was der Körper unter KH-Überangebot treibt und an welchen Zelltypen Insulin die Glucoseaufnahme steigert bzw. was diese Zellen dann mit der Glucose anstellen.
Du spielst auf de-novo Fettsäuresynthese aus KH an. Das klassische Lehrbuchwissen dazu basiert allerdings auf Studien an Nagetieren, die sehr bereitwillig Fettsäuresynthese betreiben. Such mal Publikationen von "Hellerstein MK", der zu diesem Thema viel am Menschen experimentiert hat. Siehe z.B.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10365981 (Hellerstein hat ein paar Publikationen, deren Volltexte schwer zu finden sind, aber ich hab ein paar davon aufgetrieben und irgendwo gespeichert. Heut Abend such ich mal, wenn du willst).
Quintessenz ist, dass die beiden Schlüsselenzyme der Fettsäuresynthese beim Menschen auf Transkriptionsebene reprimiert sind, während Nagetiere konstitutiv Fettsäuresynthese betreiben (ebenso wie Katzen konstitutiv Gluconeogenese betreiben). Beim Menschen findet eine signifikante Fettsäuresynthese in Leber- und weißen Fettzellen nur statt, wenn die Expression der Schlüsselenzyme durch chronische KH-Mast induziert wird. Im Hypothalamus und der weiblichen Brustdrüse ist die Fettsäuresynthese interessanterweise anders reguliert, falls dich der Vergleich interessiert.
Insulin erhöht übrigens die Glucoseaufnahme in Fettzellen nur theoretisch, praktisch aber kaum. Der GLUT4 ist auf einen Konzentrationsgradienten angewiesen, da er passive Diffusion ermöglicht. Die Fettzelle hat aber kaum Cytoplasma, sie ist zu 90% belegt mit Triacylglycerinen, der Rest mit Zellkern, Organellen etc. Eine Muskelzelle baut Glucose sofort zu Glucose-6-phosphat um, wodurch die Konzentration der Glucose im Muskel immer fast Null ist und ein Konzentrationsgradient praktisch immer besteht. Die Fettzelle hingegen hat einen gering ausgeprägten Glucosemetabolismus und kann keine hohen Durchsatzraten durch die Glycolyse bewerkstelligen. Fettsäuresynthese ist wie gesagt per Standard reprimiert, Glycogensynthese macht die Fettzelle kaum, Pentosephosphatweg ebenso. Wohin geht dann die Glucose in der Fettzelle? Das minimale Cytoplasma enthält sofort die Blutglucosekonzentration und eine weitere Aufnahme ist damit unmöglich.
Ich habe gelesen, dass der Anteil des Fettgewebes am Glucoseumsatz ca. 2% ist. Das ändert sich wie gesagt bei chronischer KH-Mast, laut Hellerstein et al. also wenn die KH-Aufnahme größer ist als der Gesamtenergieumsatz. Wenn du mich darauf festnagelst, finde ich dir sogar eine zitierfähige Quelle für die 2%
Wie du siehst bin ich jemand, dem solche Diskussionen einfach Spaß machen und der sich auch gerne mal aufs Nebengleis verirrt. Ich vertrete Standpunkte übigens nicht, um Recht zu behalten, sondern um mein Wissen zu durch Argument und Gegenargument zu verbessern/verfeinern oder alternativ zu verwerfen, wenn ich widerlegt werde. Insofern sehe ich uns beide und alle anderen Diskussionsteilnehmer als Komplizen im quest for knowledge, nicht als antagonstische Streitpartner, und hoffe, ihr alle seht das genauso
Wieder ein teilweise unfruchtbares Nebengleis. Die Vitalstofftheoretiker wären zwar begeistert, aber echte Mangelzustände sind so selten, dass man diese Strecke nicht extra bedienen sollte.
Ich bin ja kein Vitalstofftheoretiker, also möchte ich nicht direkt widersprechen, ich finde das Thema nur rein wissenschaftlich interessant. Also wie misst man echte Mangelzustände? Der Arzt macht das für gewöhnlich via Blutuntersuchung (über ausgefeilte Surrogatparameter lass uns lieber garnicht erst diskutieren). Der hypothetische Mangel ist aber intrazellulär, teilweise intramitochondrial, eine Messung im Blut unterstellt ein Gleichgewicht zwischen Blut- und Cytoplasma, das biochemisch fragwürdig ist. Der intrazelluläre Umsatz jedes einzelnen Nährstoffs ist ja ein steady state Gleichgewicht zw. Aufnahme und Elimination. Ist die Aufnahme gering, sinkt die Elimination, bis ein Gleichgewicht auf niedrigerer Ebene eingestellt ist. So kann eine Zelle biochemisch auch mit mangelhafter Aufnahme ihr Überleben sichern. Aber ob das funktional optimal ist, ist eine ganz andere Frage. Bei hoher Macronährstoffaufnahme ist eine geringe Micronährstoffaufnahme mit dem Leben ohne weiteres vereinbar, aber biochemisch ist das ein fundamental anderer Zustand.
Ich bin persönlich ein großer Verfechter einer hohen Micronährstoffdichte relativ zur kcal-Aufnahme, einfach weil ich im Selbstversuch einen deutlichen Unterschied spüre. Die Auswahl an Nahrungsmitteln, die ich dafür benötige, ist etwas seltsam, da hilft eine computerisierte Tabelle.
Wer aber über so wenig "guten Menschenverstand" verfügt, dass er alles mit "computerisierten Nährstofftabellen" planen muss, der tut mir ganz ehrlich leid.
Tja, ich persönlich kann meine Ernährung nicht spontan/intuitiv regulieren, das reicht bei mir durchaus in den Bereich der Essstörung. Insofern hast du mit dem leidtun durchaus Recht. Aber ich bin beiweitem nicht der einzige, der etwas Planung gut gebrauchen kann. Ich schreibe meist vom Laptop oder via Tapatalk, später werde ich aber meine Nährstofftabelle und ein Vorher-Nachher-Bild vom Computer uploaden. Vielleicht hilft es ja jemandem. In jedem Fall macht es aber Spaß und ist sehr aufschlussreich, mal damit rumzuspielen und diverse Ernährungsszenarien auf Nährstoffdefizite zu untersuchen. Gerade bei Ballaststoffen ist es fast unmöglich, die IOM-Empfehlung zu erreichen.