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Gelöschtes Mitglied 88696
Sehr schön geschrieben.Gefällt mir wirklich sehr gut, dieser Thread.
Ich bin mal so frei und äußere ein paar weitere, meiner Gedankengänge zu diesem Thema:
Was bereits auch "Seelen-Striptease" genannt wurde, offenbart in einigen Beiträgen, warum eigentlich alte Räder gekauft, gesammelt, restauriert, gefahren (oder ggf. auch nicht), wieder verkauft (oder ggf. verschenkt) und auch behalten werden.
Ich frage mich, ob wir nicht alle das eine "ideale" Rad suchen, für welches wir die Suche nach anderen Rädern aller Art aufgeben würden.
Nur dieses eine "ideale" Rad scheint es nicht zu geben (ein Trugschluss?!).
Hat man ein wunderbares Rad gefunden (also erworben oder wie auch immer es in den Besitz gelangt), so taucht bald ein anderes auf, was man ebenso bewundert und es in seinem Besitz haben (bzw. restaurieren, fahren, etc.) will.
So schaukelt sich das dann zu einer (mehr oder wenig kleinen bzw. großen) Sammlung auf.
Für den Fall, das wir nicht das Luxusproblem hätten, uns zu viele materielle Güter (in dem Fall eine gewisse Menge an alten Rädern) finanziell leisten zu können, wäre das Porblem trotzdem nicht gelöst.
Man wäre vielleicht ein Zeitlang froh, ein (wie auch immer geartetes) fahrbares oder auch gut fahrendes Rad zu haben und würde sich doch rasch nach einem besseren, schnelleren, leichteren, etc. Rad sehnen (vor allem, wenn man diese zu Gesicht bekommt).
Das Sammeln alter Räder (wobei ich auch die weiteren Aktivitäten wie Restaurieren, Fahren, etc. dazu zähle) scheint zwar irgendetwas in uns zu befriedigen, aber doch nicht weit genug, als dass wir mit dem Sammeln aufhören würden.
Aber vielleicht gibt es ja den einen oder anderen, der das erreicht hat und einfach sagt: "Jetzt ist genug, ich bin zufrieden mit dem was ich habe."
Der sich über wenige Räder (im idealen Fall über eines) freut, damit glücklich ist und nicht mehr will.
Denn materieller Reichtum an sich hat (meiner Ansicht nach) noch niemanden wirklich tief zufrieden gestellt.
Ich zumindest leide noch weiterhin (oder erfreue mich, je nach Betrachtungsweise) unter dem Fieber des Sammelns und Anhäufens.
Ein Teil von mir wünscht sich jedoch, aufzuhören und sich auf weniges (und vor allem auf andere Dinge im Leben) zu konzentrieren.
Auch wenn ich hiermit vermutlich zu sehr nur eine Seite der Medaille dargestellt habe (es gibt ja noch die andere), hoffe ich niemanden mit meinen Ansichten vergrämt (oder gar beleidigt ) zu haben.
Man kann meinen Beitrag jedenfalls ebenso unter "Seelen-Striptease" einordnen.
Dass ich hier so viel Persönliches preisgebe, zeigt auch, wie sehr ich dieses Forum (bzw. die sich hier einbringenden Menschen) bereits schätzen gelernt habe.
Ich denke, dass es das "ideale Rad" gar nicht gibt, allerdings kommt man zu dieser Erkenntnis oft erst nach Jahren des Ausprobierens und bis dahin steht halt so einiges im Keller oder der Garage und parallel wurden ein Haufen Teile einvitriniert.
Der "klassische Werdegang" ist doch meistens der Kauf eines Einsteiger oder Mittelklasserades. Es wird sich informiert, dran geschraubt und am Ende auch gefahren. Man verbringt Zeit mit Recherchen und Fachsimpelei und hat doch bis dahin schon wieder 1-2 Räder aus der nächsten Liga im Auge. So gehts dann los. Nach einiger Zeit ist man dann beim Top-Material angekommen, muss aber feststellen, dass hier das Verhältnis Material/Kosten und der Gewinn an Fahrfreude (ich nenn es mal so) sehr oft nicht ganz den eigenen, erhofften Erwartungen entspricht. Das verwirrt zuweilen, da das Mittelklasserad irgendwie viel besser passt und fährt. Kann aber doch gar nicht sein, also weiterschauen, denn den Kick kann mir vielleicht die Marke XY bieten. Und so geht das weiter bis der Stall voll ist. Bis dahin hat man Wochen im Netz verbracht, war Teile am Suchen, Partner und Kinder fangen an sich zu beschweren. Es wird langsam stressig. Mal nebenbei ein bisschen Schrauben ist nicht mehr...
Parallel hat man hier Kontakte geknüpft, schreibt regelmäßig Beiträge, will dabei sein und auch immer mal wieder was präsentieren. Zu anderen Themen kann man hier ja auch einiges schreiben. Egal, es muss mal wieder ein neuer Fang des Tages her, die Likes und die Anerkennung sind doch irgendwie wichtig geworden.
Nur zugeben tut man es nicht.
Bilder sind das Kapital, die Rendite kommt in Likes.
Die Spirale dreht sich. Alles ist doch normal, denn wenn alle hier irgendwie so sind, muss das ja noch okay sein. Keiner sagt "mach mal langsam, Du hast doch 3 Kinder und schreibst hier jeden Tag zig Beiträge". Kritik kommt immer nur von außen. Die verstehen das nicht. Versprechen werden gemacht: Ich werde dies und das verkaufen. Mit Gewinn. Mit dem Hobby mach ich keinen Verlust. Das neue Rad kann ich mit dem XY gegenfinanzieren. Rechtfertigungen, und irgendwie macht sich auch ein schlechtes Gewissen breit. Die ganzen Baustellen im Keller und die Unordnung verursachen auch einen leichten Druck in der Magengegend. Das schönste Hobby der Welt hat auch ein paar Schattenseiten. Okay, ich mach mal mit den Kindern nen Ausflug. Der Kopf ist aber bei den laufenden Auktionen in der Bucht und im Biete Faden. Auf dem Spielplatz wird alle 5 Minuten das Handy gecheckt. Die Familie merkt das. Mist, jetzt auch noch verpasst wie der Kleine das erste Mal alleine die steile Rutsche bezwungen hat. Den Blick, dass Du es nicht gesehen hast, gibt Dir einen kurzen Stich. Ab morgen wird alles anders....
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