geradinger
*alive
In drei Wochen, am 3. Juli, startet die 98. Frankreich-Rundfahrt in Rotterdam, auf insgesamt 21 Etappen bei denen eine Distanz von 3.600 km zurückgelegt werden, wird der beste Rundfahrer der Welt gesucht. Wer in Paris ganz oben stehen will, muss gegen Wind, Regen, Kälte, Hitze, Kopfsteinpflaster, Berge und schließlich im Kampf gegen die Uhr bestehen. Es gibt in diesem Jahr nur ein langes Zeitfahren am vorletzten Tag über 52 km, es dürfte somit eine Rundfahrt für die Kletterer werden, besonders die letzte Woche dürfte nach dem Geschmack der Bergflöhe sein mit den Bergankünften in Ax-3-Domaines und am Col du Tourmalet. Die Pyrenäen-Etappen werden in diesem Jahr fast alle großen Berge beinhalen, da es sich zum 100. Male jährt, dass der erste große Gebirgspass befahren wurde: Der Col du Tourmalet. Deswegen wird er auch von beiden Seiten befahren und ist auch gleichzeitig mit 2.115 m das Dach der Tour. Die Alpen haben nur eine Bergankunft zu bieten in Morzine-Avoriaz, am Tag zuvor gibt es die erste Bergankunft auf der Station des Rousses. Mit gehörigem Respekt werden die Klassmentfahrer zum Start der 3. Etappe rollen, den es gilt insgesamt sechs Kopfsteinplaster-Passagen des Klassikers Paris-Roubaix zu überwinden, vielleicht kann der ein oder anderer Favorit seine Ambitonen in der Hölle des Nordens schon vergraben. Hier die größten Anwärter auf Gelb:
Alberto Contador (Esp, 27, Astana)
Contador ist im Moment wohl der beste Rundfahrer der Welt und scheint am Berg fast unschlagbar zu sein, seine Schwäche war das EZF, aber auch die scheint er zu einer Stärke ausgebaut zu haben. In diesem Jahr feierte er schon drei Rundfahrtsiege, die Algarve-Rundfahrt, Paris-Nizza und Vuelta a Castilla y León mit jeweils einen Etappensieg. Bei der Dauphine-Rundfahrt belegte er den zweiten Platz hinter Brajkovic, gewann den Prolog und die Etappe nach Alpe d'Huez, einzig beim 49 km langen Zeitfahren musste er einen Rückstand von 1:46 min hinnehmen. Trotzdem bleibt er der Topfavorit auf den Gesamtsieg, wenn er in Form ist, wird es schwer werden seinen Attacken in den Bergen zu folgen. Mit einem Sieg könnte Contador in den Club der Dreifachsieger aufgenommen werden.
Andy Schleck (Lux, 25, Team Saxo Bank)
Der Luxemburger und jüngere der beiden Schleckbrüder war letztes Jahr der einzige, der in den Bergen mit Contador mitgehen konnte und in Paris auf den zweiten Platz mit einem Rückstand von 4:11 min landete. Dieses Jahr konnte er noch keine Erfolge einfahren, aktuell liegt er auf Platz 11 der Tour de Suisse. Er versuchte es auf der Etappe über den Albula, wurde aber dennoch zum Schluss abgehängt. Bis zur Tour sollte aber auch er dann in Form sein. Beim Giro 2007 belegte er ebenfalls den 2. Platz hinter Di Luca, es war seine erste große Landesrundfahrt die er bestritt. Sein Tour-Debüt feierte er vor zwei Jahren, dort wurde er 12. und sicherte sich das Weiße Trikot nachdem er auf der Etappe nach Hautacam einen Hungerast erlitt und weit zurückfiel.
Lance Armstrong (USA, 38, Team RadioShack)
Der Altmeister will es nochmal wissen, nach einen schwierigen Saisonstart mit Stürzen und Krankheiten kommt der Texaner immer besser in Form, bei der Tour de Suisse belegt er im Moment Platz 7 mit 55 Sekunden Rückstand. Das Zeitfahren am Sonntag wird einen entgültigen Aufschluss über seine Form brignen. Bei der Luxemburg-Rundfahrt belegte er Platz 3 hinter Matteo Carrara und Fränk Schleck. Allerdings gewann er noch kein Rennen nach seinem Comeback und seine Qualitäten am Berg und im Zeitfahren sind dem Alter entsprechend auch schlechter geworden. Letztes Jahr landete er auf dem 3. Platz, ob er dieses Resultat wiederholen kann oder gar noch weiter vorne landet wird sich zeigen.
Cadel Evans (Aus, 33, BMC Racing Team)
Dem Weltmeister fehlt noch immer ein Gesamtsieg bei einer der großen Landesrundfahrten, beim Giro musste er sich mit dem 5. Platz zufrieden geben, konnte aber einen Tag lang das Rosa Trikot tragen und eine Etappe gewinnen, nach dem Giro legte er eine Rennpause ein um erholt an den Start der Tour zu gehen. Im Frühjahr zeigte er sich bereits in guter Form und gewann den Fleche Wallone. Evans wird in den Bergen wohl nicht mit den Schleck-Brüdern und Alberto Contador mitgehen können und da es kaum Zeitfahrkilometer gibt, wird es schwer werden für den ehemaligen Mountainbiker das Gelbe Trikot zu gewinnen.
Ivan Basso (Ita, 32, Liquigas-Doimo)
Basso feierte im Mai seinen zweiten Giro-Gesamtsieg und einen Etappensieg am Monto Zoncolan. Wie Evans bestreitet auch er keine Rennen mehr bis zur Tour, lies aber verkünden, dass er Contador herausfordern will. Nach seiner Dopingsperre ist er nichtmehr ganz so stark in den Bergen wie in den Jahren 2005 oder 2006, aber ein heißer Kanditat auf das Podium in Paris ist er dennoch, wenn Contador die Form in den letzten Jahre hat, wird Basso allerdings das nachsehn haben müssen, falls nicht, könnte er der Erste nach Marco Pantani 1998 sein, der den Giro und die Tour in einem Jahr gewinnt.
Carlos Sastre (Esp, 36, Cervelo TestTeam)
Der Start des Tour-Siegers aus dem Jahre 2008 steht noch in den Sternen, denn nach mehreren Stürzen beim Giro plagen den Spanier Probleme mit der Wirbelsäule und sagte, dass er nicht an den Start gehen werde, wenn er vom ersten Tag an mit einem Handicap unterwegs ist. Den Giro beendete er nur auf dem achten Platz, obwohl er einer der Nutznieser war auf der Etappe nach L'Aquila und eine sehr gute Ausgangsposition auf den Girosieg hatte. Aber in der letzten Woche verlor er in den Bergen viel Zeit, dort wo eigentlich seine Stärke liegt. Sastre erzielte bei den dreiwöchigen Rundfahrten immer gute Resultate, aber der Toursieg bleibt vorerst sein einziger großer Erfolg.
Bradley Wiggins (Gbr, 30, Team Sky)
Der Bahnspezialist überraschte letztes Jahr bei der Tour mit einem viertem Platz in der Gesamtwertung. Wiggins war schon immer ein guter Zeitfahrer und konnte dieses Stärke auch auf die Berge gut umsetzen, allerdings hat er das nachsehn, wenn es steiler wird. Beim Prolog des Giros 2010 belegte er Platz 1 und trug das Rosa Trikot für einen Tag.
Christian Vandevelde (USA, 34, Garmin-Transitions)
Für Vandevelde gilt das gleiche wie für Wiggins, solide im Zeitfahren und am Berg, aber wenn die Besten angreifen fällt auch er zurück. Wie schon im Vorjahr musste er den Giro aufgrund von Sturzverletzungen beenden. In der Gesamtwertung der Tour de Suisse belegt er im Moment gerademal den 97. Rang mit über 45 min Rückstand.
Robert Gesink (Ned, 24, Rabobank)
Gesink gewann vor ein paar Tagen bei der Tour de Suisse die Etappe nach La Punt über den Albulapass und hängte dort Andy Schleck ab. In den Bergen ist er sicher einer, der ganz vorne landen kann, aber seine Schwäche liegen im Zeitfahren und soviel Zeit wird er wohl nicht gut machen können gegenüber Contador. Trotzdem könnte es für Weiß oder einen Platz auf dem Podium landen. Gesink musste letztes Jahr die Tour wegen eines Handgelenksbruches auf der 6. Etappe beenden.
Außenseiter:
Luis Leon Sanchez (Esp, 26, Caisse d'Epargne)
Nach dem Valverde gesperrt wurde, übernimmt Luis Leon Sanchez das Zepter im Team Caisse d'Epargne. Beim Circuit de la Sarthe konnte er sich den Gesamtsieg holen, aber die Tour wird ihm wohl etwas zu bergig sein. Letztes Jahr gewann er eine Etappe in den Pyrinäen, beendete die Tour aber nur auf Platz 26.
Alexander Vinokourov (Kaz, 36, Astana)
Sollte Contador schwächeln, könnt Vinokourov dies ausnutzen. Beim Giro belegte er den sechstens Platz und trug Rosa für fünf Tage. Auch für ihn gilt das gleiche wie für Basso, nach seiner Sperre ist er nicht mehr so fit wie zuvor und wird mühe haben in den Bergen mit zu kommen.
Vincenco Nibali (Ita, 25, Liquigas-Doimo)
Obwohl er nicht für den Giro vorgesehen war musste er starten, da sein Teamkollege Pellizotti gesperrt wurde und fuhr dennoch aufs Podium und gewann eine Etappe. Aber der 25jährige wird wohl in die Helferrolle für Basso wieder schlüpfen müssen.
Roman Kreuziger (Cze, 24, Liquigas-Doimo)
Wenn Nibali und Basso nicht die Leistung abrufen können, die man von ihnen erwartet, hat Liquigas noch einen Pfeil im Köcher: Roman Kreuziger. Der Tscheche gewann in diesem Jahr den Giro di Sardegna. Er ist ein solider Kletterer und guter Zeitfahrer und könne auch im Kampf um das Weiße Trikot eingreifen.
Fränk Schleck (Lux, 30, Team Saxo Bank)
Der ältere Bruder von Andy wird wohl nicht ganz vorne landen können, aber für einen Platz in den Top 10 wirds reichen. Er wird der wichtigste Helfer sein für seinen Bruder in den Bergen, sollte er zurückfallen, wird er die Kapitänsrolle übernehmen.
Denis Menchov (Rus, 32, Rabobank)
Rabobank startet mit einer Doppelspitze ins Rennen. Menchov dürfe aber nicht mit den Contadors, Schlecks und Bassos dieser Welt in den Bergen mitgehen können und wird sich somit hinter Gesink einreihen müssen.