Netter Bericht in der Stuttgarter Zeitung über die Mannschaft von Chris (Sprintertier):
Junge Radler wollen an die Spitze
Ludwigsburg Der RSC Komet startet in der U23-Bundesliga. Dass es das Team Corratec überhaupt gibt, erstaunt. Von Alexander Günzler
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Chris Dörle sitzt in einem Ludwigsburger Cafe und trinkt Cappuccino. Gerade ist er aus dem Südbadischen zurückgekehrt, wo der freiberufliche Kommunikationstrainer Bankangestellte gecoacht hat. Die Woche zuvor war ein völlig anderes Training auf seinem Programm gestanden: Mit Radrennfahrern des neu gegründeten Team Corratec absolvierte der Teammanager viele Straßenkilometer unter der Sonne Mallorcas.
Bald beginnt die U 23-Bundesligasaison, und Team Corratec ist mit seinen 14 Fahrern zwischen 18 und 22 Jahren dabei. Als einzige württembergische Mannschaft. "Ich weigere mich zu sagen: Das ist mein Team", sagt Dörle. Hinter der unabhängigen Renngemeinschaft stehen zwei Hauptsponsoren - auf Vereinsseite der RSC Komet Ludwigsburg und auf wirtschaftlicher Seite die Firma Corratec. Der Materialsponsor stellt insgesamt 16 Rennräder für jeweils 4000 Euro. Für die sportliche Leitung ist der ehemalige Landesverbandstrainer Hartmut Kimmerle zuständig. "Ein Radsportverrückter wie ich", sagt der 42-jährige Dörle, der seit fast 30 Jahren Mitglied des RSC Komet Ludwigsburg ist - und von dem vor zwei Jahren kaum einer geglaubt hätte, dass seine Rennradler so schnell wieder erfolgreich sein würden.
Damals hatten alle Funktionäre der Rennsportabteilung und viele ihrer Mitglieder den RSC nach einem Eklat verlassen und einen neuen Verein gegründet. "Das war ein Konflikt zwischen Reformern und Traditionsbewussten", sagt Dörle, der geholfen hat, den Traditionsverein abzustauben und zu modernisieren. "Ja, wir leben noch", ruft der Teammanager und lacht.
Die 14 Radler des neuen U 23-Teams kommen aus vier verschiedenen Vereinen, elf davon vom RSC Komet. "Das Schöne für mich war, dass ich keine Werbung machen musste für das neue Team, sondern Fahrer von sich aus angefragt haben, ob sie mitfahren dürfen", sagt Chris Dörle. Rund 20 Interessenten habe es gegeben. Fahrern, die sportlich noch nicht so weit waren oder keiner Ausbildung oder einem Beruf nachgingen, habe er nach persönlichem Gespräch abgesagt. "Die Jungs sollen nicht abhängig sein vom Radsport, sonst ist die Versuchung zu groß, mit allen Mitteln in den Profibereich reinzukommen."
Gemeinsames Training gibt es in der Renngemeinschaft nur selten. "Einer unserer Fahrer studiert in Tübingen, ein anderer in Karlsruhe, einer wohnt derzeit noch in Brandenburg", erklärt Dörle. Die Fahrer trainieren daher individuell zwischen zwei und acht Stunden pro Tag. Gemeinsam gestrampelt wird nur bei Rennen oder in Trainingslagern wie auf Mallorca. Dörle ist dabei, meistens. "Ab und zu will mich meine Freundin aber auch noch sehen", sagt er.
Das Team Corratec will in dieser Saison bei acht Rennen in der Baden-Württemberg-Liga (Saisonziel: "Unter die ersten drei kommen") und bei zehn Rennen in der Bundesliga (Saisonziel: "Platz unter den ersten zehn") am Start sein. "Die Jungs dürfen sich aber sonst für alles melden, was sie wollen", sagt Chris Dörle. Ende März, kurz nachdem sich das Team beim "Märzklopfen" in Ludwigsburg offiziell vorgestellt hat, treten sie bei einer Rundfahrt in Marokko an. Für August ist bereits eine Tour in Brasilien geplant. Eine Einladung auf die Philippinen hat Dörle wegen zu hoher Reisekosten abgelehnt. "Sonst wären wir jetzt gerade dort", sagt er.
Nach einem zweiten Cappuccino will der Teammanager aufbrechen. Im Aufstehen stellt er noch etwas klar: "Wer dopt, fliegt raus und zahlt!" Dann verabschiedet sich Dörle. Er muss noch Helme für seine Jungs bestellen. "Damit jeder Topf seinen Deckel bekommt", sagt er.