Die Fahrt des Grauens – Der Freitag
15.06.2018
Im rennrad-news Klassik Forum wurde die zweite Fahrt des Grauens organisiert. 2017 ging es in den hohen Norden, dieses Jahr sollte Hessen das Ziel sein. Ein ganzes Wochenende Touren fahren mit verrückten Leuten auf alten Stahlrennern. Da war ich natürlich dabei. Ziel war ein Ferienhaus in Usingen-Kransberg im Hochtaunus. Als ich Freitag Morgen meinen Wagen packte, kamen mir Zweifel ob ich wirklich nur ein Wochenende oder doch mehrere Wochen verreisen würde. Mein 1988er Raleigh 653 Race durfte mit und da noch ein Rad passte, lud ich mein 1994er GT Karakoram ein. Das blaue Stahl-MTB hatte auch mal wieder eine Ausfahrt verdient.
So ging es Vormittags auf die A45 Richtung Frankfurt. Da fuhr ich dann bereits die erste Fahrt des Grauen. Eine Baustelle reihte sich an die andere. Zum Glück waren es nur knapp 200 km und ich kam kurz vor 13 Uhr in Kransberg an. Da die Schlüsselübergabe fürs Haus erst um 16 Uhr sein sollte, war also noch Zeit für eine erste Tour. Ich parkte meinen Wagen auf der Hauptstraße des verschlafenen Dorfes und lud das MTB aus. Währenddessen schien sich eine schneeweiße Katze für mein ebenfalls weißes Auto zu interessieren. Als ich mich gerade wieder umdrehte sah ich noch wie das Tierchen durch die halb geöffnete Beifahrertür sprang und begann den Inhalt meiner Ladefläche zu inspizieren. Ich schnappte mir die Katze und setzte sie behutsam an die frische Luft. Jetzt musste ich sie erst einmal ausführlich kraulen, bevor sie mich dann wieder in Ruhe ließ. Leider konnte ich sie nicht mitnehmen.
Ich schwang mich um viertel nach eins aufs Rad und es ging endlich los. Am Ende der Dorfstraße bog ich nach links in den Wald ab.
Ich fuhr parallel zur Usa bis nach Usingen.
Die Gegend war sehr ländlich geprägt und immer wieder eröffnete mir der Weg tolle Aussichten auf die weitläufige hügelige Landschaft.
Flach war es hier nicht. Es ging immer wieder bergauf und bergab. Asphalt wechselte sich mit feinem und grobem Schotter ab. Ein Fall für MTB, Crosser oder Gravelbike.
Es war ziemlich bewölkt, blieb aber trocken und immerhin um die 20 Grad warm. Von Usingen ging es nun durch den Wald Richtung Wehrheim. Nur auf den ausgeschilderten Radrouten war es autofrei. Auf den engen Straßen wurde man leider immer wieder von Autofahrern knapp überholt. Kein schönes Gefühl. Ich war froh das MTB dabei zu haben und mied die Straßen wo immer es ging.
Mit den Stollenreifen war der Schotter kein Problem. Ich genoss die einsame Fahrt. Nur sehr selten begegneten mir Radfahrer oder Wanderer.
Am Horizont tauchte der Große Feldberg auf. Die höchste Erhebung im Taunus. Doch mein Ziel war weiter links die Saalburg, die nicht ganz so hoch lag.
Ich erreichte Wehrheim. Hier war natürlich mehr los. Überall wurde gearbeitet oder man fuhr schon einkaufen fürs Wochenende. Ich durchquerte die Stadt zügig und fuhr weiter nach Obernhain. Hier war der Einstieg auf den Berg mit der Saalburg, einem alten Römerkastell.
Geduldig kurbelte ich die Steigung zum Kastell hoch. Unterwegs der Hinweis auf den Limes, der Befestigung der damaligen römischen Grenze. Ab und zu begegneten mir Wanderer oder Mountainbiker.
Dann erreichte ich die Kuppe des Berges und ein wenig Disneyland. So hatte man sich um die Jahrhundertwende des 19./20. Jahrhunderts ein römisches Dorf vorgestellt. Mit der Realität hatte das, wie man Heute weiß, nicht so viel zu tun. Zum Glück lagen diese Häuser außerhalb des römischen Lagers und waren lediglich für Arbeiter und Wächter der Anlage gedacht.
Und da wir gerade bei Geschichtsfälschung sind, wäre mein GT sicher zu der Römerzeit ein ideales Fortbewegungsmittel gewesen. Wenn das Fahrrad damals schon erfunden worden wäre. Aber immerhin kannten die Römer schon den Straßenbau. Manche Römerstraße existiert nach 2000 Jahren noch immer. Unsere modernen Straßen verfallen deutlich schneller.
Das Kastell wurde teilweise wieder aufgebaut um als Freilichtmuseum einen Eindruck der damaligen Zeit zu vermitteln.
Leider musste mein GT draußen bleiben. Also blieb ich auch draußen.
Dafür konnte ich einen Blick in einen echten Römerkeller werfen. Über dem Keller stand das Haus aus Fachwerk und mit Lehm verputzt. Der gemauerte Keller hatte die Zeit überdauert. Leider fand ich keine Weinamphoren mehr dort und so musste ich mich mit Wasser aus meiner Trinkflasche begnügen.
Nach einer kurzen Pause machte ich mich auf den Rückweg. In Wehrheim stand ich dann an einer geschlossenen Bahnschranke, wo bereits ein automobiler Klassiker wartete. Danach fuhr ich schnell aus Wehrheim raus und suchte den direkten Weg nach Kransberg.
Dann kam ich zu einer Wiese mit einigen Schafen und einer halbstarken Kuh. Während ich ein Foto machte hörte ich die Worte: „Was guckst Du so“ Irritiert schaute ich die Kuh an. „Ja, Dich meine ich, die dicke Frau mit dem Fahrrad“ Hey, rief ich, ich bin nicht dick. Nur etwas mollig, vielleicht. „Ja, ne is klar“ meinte die Kuh. Ganz schön frech, meinte ich. Jetzt sprach ich schon mit Kühen. War Zeit weiter zu fahren. „Ja, hau nur ab“ meinte die Kuh und guckte richtig frech.
Von dieser aufreibenden Konversation erholte ich mich dann auf einem schönen Schotterweg bergauf. Irgendwie kamen Erinnerungen an MTB-Urlaube in den Alpen auf. Schotter und saftige Bergwiesen und zwischendurch ein schönes Panorama.
Dann erreichte ich Kransberg. Da noch Zeit war und ich einmal auf dem Rad saß, ging es noch hoch zum Schloss, das majestätisch über dem Dorf thronte. An dem Schloss ging es berghoch vorbei, weiter zum Waldgasthof, oberhalb des Schlosses.
Auf das Dorf hatte ich einen schönen Ausblick. Dann drehte ich um und fuhr zurück zur Hauptstraße. Da von den Anderen noch niemand da war, holte ich gegen 16 Uhr schon mal den Schlüssel und ließ mir das Ferienhaus zeigen.
Das Haus war von außen noch nicht ganz fertig, aber ließ innen keine Wünsche offen. Große, modern eingerichtete und gemütliche Zimmer und eine riesige Küche mit vier Kühlschränken. Da ich die erste war suchte ich mir schon mal mein Zimmer aus. Jedes Zimmer hatte den Namen einer Stadt. Ich wählte das Zimmer Bochum (Dortmund gab es leider nicht) aus. Es lag direkt neben dem Bad und gegenüber der Küche. Dann traf auch Alex ein. Er holte dann noch Alexandra vom Bahnhof in Wehrheim ab und nach und nach trafen die Anderen ein. Ich sprang schnell unter die Dusche, bevor alle da waren und machte mich frisch. Es waren zwar nur 30 km mit dem MTB gewesen, aber dafür knapp 700 Höhenmeter. Da kam man schon mal ins schwitzen.
Abends saßen wir dann zusammen am großen Küchentisch und aßen Pasta mit Tomatensauce. Die hatte Klaus zu Hause vorgekocht und in einem großen Topf mitgebracht. Alexandra, Klaus und ich fuhren noch einkaufen, damit am nächsten Morgen das Frühstück gesichert war. Bis spät in den Abend saßen die meisten von uns noch draußen im Hof und quatschten.