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Ist man Randonneure oder wird man es?

Frankenheiner

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Ich stelle die Frage, weil ich in Gesprächen mit Randonneuren oder auch Ultrafahrern auf die Frage wie Sie die langen Distanzen am Beginn ihrer Karriere angingen oft die Antwort:
"Ich bin halt einfach mal losgefahren...", "Mein erstes Brevet war gleich ein 300er", "Wollte mal schauen wie lange ich am Stück fahren kann." oder "Heimwärts auch mit dem Rad anstatt die Bahn genommen."
Und immer sind es dann am Anfang Distanzen >200km oder nach kürzester Zeit, ohne viel Training die 1000km die ich erzählt bekam.

Es mag der eine oder andere übertrieben haben, aber die Mehrzahl erschien mit ehrlich.

Wie war das bei euch? Habt ihr "einfach gemerkt" das ihr lange Sachen drauf habt oder war es mehr langes Training, der harte Kampf? Gibt es Talent zu langen Strecken? Oder nur Leidensfähigkeit? Oder reicht die pure Freude bzw. Leidenschaft aus?
 
Hilfreichster Beitrag geschrieben von 3812311RR

Hilfreich
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Es ist halt so, dass Du irgendwann merkst: Es macht mir nicht viel aus, immer noch weiter zu fahren.
Das erste mal ueber 300km an einem Tag bin ich mit ca. 20 Jahren gefahren ... Und das war bevor es irgendwelche Randonneursveranstaltungen in Deutschland gab.

Dann gibt es noch die Frage 'you can be a driver or a passenger in life'.
Und da faellt mir spontan bei den Randonneuren niemand ein, auf den 'passenger' passt.
Also einer, der nur auf seinem Sofa hockt und meckert weil es nicht so laeuft wie er es gern haette, sich aber selber um nichts kuemmert.
Das sind alles Leute, die ihr Leben selbst bestimmen und Eigenverantwortung zeigen.
Bei einem Brevet musst Du Dir das ja auch alles selber einteilen: Wie schnell gehst Du an, wo machst Du wie lange Pause, wie findest Du den Weg ... Da ist nix vorgekaut.

Das ist IMHO im Endeffekt alles Veranlagungssache. Vll kann man es auch lernen, weiss ich nicht.
Die zwei Sachen waren bei mir jedenfalls angeboren. Sozusagen 😁
 
Rantasten - mal zwei Tage in Folge über 200km fahren, mal eine Nacht mit Abendstart durchfahren und schauen, wie lange es am nächsten Tag geht, wenn das Tageslicht zurückkommt.

Das wichtigste auf den langen Dingern ist für mich der Kopf - eine Distanz >600km beinhaltet (bei mir) immer Schlaf und ist damit nicht eine zusammenhängende Tour.
PBP? Erste Nacht durchfahren, danach drei mal schlafen, letztlich gut 300km am Tag. LEL? Keine Nacht durchfahren, 4-5 mal schlafen, gut 250km am Tag.
Bedingt durch mein Tempo sind die Nächte zwar recht kurz (2-5h); sie reichen aber, um den Körper in diesem „Notbetrieb“ für ein paar Tage fit zu halten. Auf dem Wahoo fahre ich nur von Kontrolle zu Kontrolle, da mache ich mir dann keine Gedanken über noch zu fahrende 800km oder so.

Und ja - ein bisschen scheisse ist’s zwischendurch immer 😉.
 
Zuletzt bearbeitet:
Früher bin ich immer Marathons und RTF gefahren. Als ich damals mit Brevets anfing, war das noch sehr getrennt, die Leute schon ganz anders. Das hat sich heute geändert.
Ich war damals nicht dafür geboren, 200 km bei Kälte, Regen und im Dunkeln kannte ich nicht und ist mir nicht leicht gefallen.
Bei 300 km war es für mich unvorstellbar 400 km zu fahren. Als ich 400 km gefahren bin, war es unvorstellbar 600 km zu fahren, nach 400 km nochmal einen Marathon:eek:. Und ein Jahr später war es dann PBP, ging fast problemlos.
An Kälte, Hitze, Regen, Hagel usw. habe ich mich über die Jahre gewöhnt.
 
Würde sagen das es vor allem drei Punkte sind, die für Strecken ab 200 km wichtig sind.

1. Ausdauer

2. Training

3. Leidensfähigkeit

Hat man von dem einen weniger, braucht man von den anderen mehr. Die Intensität der einzelnen Punkte kann sich ändern, manchmal innerhalb von Wochen.
Bei mir ist es so das ich grundsätzlich eine relativ gute Ausdauer und Leidensfähigkeit habe. Der Rest ist Training.
 
Ich bin zu erst ein langes RTF gefahren, so 180km und habe dann gemerkt, dass ich mit meinem Stahlrahmen mit den Rennradlern einigermaßen mithalten konnte. Dann die ersten Brevets gefahren und ein Randonneur hat zu mir mal gesagt " 100km" gehen immer. Also 200 dann 300 dann 400 und 600km gefahren. Dann Berlin München Berlin und Paris Brest Paris.
Wenn ich viel trainiere fallen mir die Langstrecken leichter, aber vor jeder Langstrecke habe ich immer im Kopf, dass das anstrengend werden kann. Körperlich wie mental. Darauf kann man sich ja auch vorbereiten. Mir macht das auch einfach Spaß lange Strecken Rad zu fahren und die Gegend zu erkunden.
Jetzt steht Anfang August der Trans Atlantic Way in Irland an und ich bin schon gespannt, wie es auf den 2500km durch Irland wird. Ein Brevet ist immer eine Prüfung und Abenteuer, aber gleichzeitig ein Genuss.
Zudem erlebt man tolle Menschen und trifft tolle Menschen unterwegs. Ich würde es nicht missen wollen.
Aber ohne Training und Fleiß in meinem Fall nicht machbar.
Achso und ich bin schon immer eher der Langstrecken Typ gewesen und nicht der Schnelle auf der kurzen Strecke, sei es bei den Bundesjugendspielen als Kind, oder beim Wandern oder beim Klettern usw.
 
Ich wollte Randonneur werden. Nach Plan und so. Bis ich merkte: Huch, ich bin ja einer.
Von Haus aus eher gemächlicher Radreisender, setzte ich mir irgendwann mal eine Fietselfstedentocht in den Kopf (hallo @Sonne_Wolken :daumen:). Die 130-km-Vorbereitungstour war da schon Rekord-Tagesdistanz. Aber siehe da: Das Doppelte geht auch.

Da ist es dann zwei, drei Jahre bei geblieben: 235 km flach durch Friesland, plus An- und Abfahrt, einmal 290 km am Stück, wie soll da auch viel mehr gehen? Aber diese Berichte von der Langstrecke: Faszinierend. Also gut, wie kommt man da hin? Nach diversen 2019er PBP-Berichten habe ich mich dann hingesetzt und überlegt. Okay, 2020 fährst du mal ein 200er-Brevet mit und wenn das gut geht, versuchst du auch 300, am besten ganz vorsichtig, flach, alleine und in der Nähe einer Bahnstrecke. Vielleicht schaffst du dann 2021 auch ein 300-Brevet und vielleicht 400. Und wenn du dann immer noch Lust hast, versuchst du 2022 mal so eine Serie. Das wäre dann auch gleich eine gute Vorquali für PBP. Geglaubt hab ich mir das nicht, aber so hatte ich mal einen Plan, der jedenfalls kurzfristig nicht allzu verwegen klang.

Naja, ihr wart ja alle dabei. 2020 bin ich am 29.2. mit einem Winterpokal-Kumpel den Berliner Mauerradweg abgefahren, und danach lange mit niemandem mehr gemeinsam geradelt. Mein geplantes erstes Brevet wurde am Tag davor abgesagt, weil in den Niederlanden plötzlich alles geschlossen war. Ich bin dann für mich 200 km durch Westfalen gefahren, später im Jahr statt Elfestedentocht in Friesland alleine durch die 11 (kreisfreien) Städte des Ruhrgebiets: 260 km.
2021 brachte mein erstes offizielles Brevet: Elektronisch und allein auf weiter Flur, irgendwann bin ich immerhin auf den einzigen Mitstarter in diesem Startslot aufgefahren. Mein verkopfter Vierjahres-Plan jedenfalls, der war dahin: Im zweiten Jahr war ich selbst diesen 300 km nichtmal wirklich nahe gekommen.

2022 konnte man plötzlich wieder Leute treffen und Brevets mit ihnen fahren. Pünktlich zu diesem Anlass brach mitten in die schönsten Lieferkettenprobleme hinein der Rahmen meines Randonneurs. Also fuhr ich meinen ersten 200er auf meinem alten Alurenner, die letzten 150 davon mit nur zwei Gängen, weil der rechte STI unterwegs einging. 300? Wieder mit dem Alurenner. Nochmal 200, diesmal hügelig im Sauerland? Altes Alurennrad. 300 hügelig? Ihr kennt das. Aber wenn das alles auch so ging? Ach komm, meld dich halt zu 400 und zu einem ganz leichten, weitgehend flachen 600er an. Aber oups, der 600er ist zeitlich vor dem 400er? Also von 300 mal eben verdoppeln? Es ging nicht immer gut, aber es ging.
Zum Ende der Saison auf dem endlich reparierten Rad ging dann auch ein hügeliger 400er, und zwar richtig gut. War das so geplant? Nein, aber nach all den Widrigkeiten, ohne es richtig zu merken… sitzt man plötzlich im Januar sehnsüchtig vor dem Rechner, um ja nicht die Freischaltung der PBP-Anmeldung zu verpassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mein persönlicher Weg zur Langstrecke ging über das pendeln zur Arbeit. Habe mich von 2010 bis 2017 nach und nach auf 22km Weg pro Fahrt gesteigert, dabei gelernt meine Kräfte einzuteilen.
Zäh bin ich beim Radfahren eigentlich seit meiner Jugend und kann auch ein ganzes Stück über meine Grenzen gehen. Hat mir gerade auch nach langen Verletzungspausen geholfen. Wenn ich etwas möchte, bringt mich alleine der Wille schon ein gutes Stück weiter.
Lernen musste ich regelmäßig zu essen und zu trinken. Den Hungerast habe ich schon mehrmals kennengelernt. Kann einen zermürben.
 
Vielen Dank für die zahlreichen Antworten und Einblicke.
Alles interessant und richtig, aber ist nicht bei (fast) allen auch Talent und Potenzial dabei? Damit meine ich einfach z.B. das es dem einen einfach leichter fällt lange Distanzen einigermaßen "entspannt" zu bewältigen und andere hingegen müssen sich mehr quälen oder viel mehr trainieren.
 
Der menschliche Körper ist im allgemeinen sehr ausdauernd, von daher sind meistens die physiologischen Anlagen eigentlich gegeben. Man hat ja für Brevets schon eine Menge Zeit, muss sich also meistens nicht hetzen.
Was anderes sind Umweltfaktoren...
 
Vielen Dank für die zahlreichen Antworten und Einblicke.
Alles interessant und richtig, aber ist nicht bei (fast) allen auch Talent und Potenzial dabei? Damit meine ich einfach z.B. das es dem einen einfach leichter fällt lange Distanzen einigermaßen "entspannt" zu bewältigen und andere hingegen müssen sich mehr quälen oder viel mehr trainieren.
Das auf jeden Fall. Manche sind von Natur aus einfach ausdauernder.
Bin mal ein Jahr ohne viel Training einen 200er gefahren. Mir fehlte die Substanz und vor allem die Geschwindigkeit. Habe gelitten und deutlich länger als sonst gebraucht, es aber trotzdem in der Zeit geschafft. Nach wenigen Wochen Training der nächste 200er. Der fuhr sich fast von alleine und ich war viel schneller. Dazu kam ich relativ entspannt deutlich vor der Zeit ins Ziel.
 
Das auf jeden Fall. Manche sind von Natur aus einfach ausdauernder.
Bin mal ein Jahr ohne viel Training einen 200er gefahren. Mir fehlte die Substanz und vor allem die Geschwindigkeit. Habe gelitten und deutlich länger als sonst gebraucht, es aber trotzdem in der Zeit geschafft. Nach wenigen Wochen Training der nächste 200er. Der fuhr sich fast von alleine und ich war viel schneller. Dazu kam ich relativ entspannt deutlich vor der Zeit ins Ziel.
Genau das hab ich gemeint 👍
 
Würde sagen das es vor allem drei Punkte sind, die für Strecken ab 200 km wichtig sind.

1. Ausdauer

2. Training

3. Leidensfähigkeit

Hat man von dem einen weniger, braucht man von den anderen mehr. Die Intensität der einzelnen Punkte kann sich ändern, manchmal innerhalb von Wochen.
Bei mir ist es so das ich grundsätzlich eine relativ gute Ausdauer und Leidensfähigkeit habe. Der Rest ist Training.

Unterschreibe ich so. Die Leidensfähigkeit muss allerdings körperlich und mental vorhanden sein. Bei meinem letzten 220er hatte ich fünf Stunden harten Gegenwind und ich kenne einige körperlich gute Jungs, die nach einer Stunde entnervt aufgegeben hätten.
 
Wer nicht die physischen und psychischen Dispositionen mitbringt, wird das auch durch Training nicht wollen/schaffen, denke ich, z.B. PBP zu fahren. Ich vermute, der/die fährt mal nen langen Marathon und das ist dann genug und Längeres reizt nicht.
Ich hatte nen Kumpel, meinen Marathon "Mentor", mit dem ich Vieles kennen gelernt habe. Ich wusste aber von meiner Ausdauerlust = Ausdauervermögen schon vorher, ich bin mit Anfang 20 zu Fuß über die Alpen, mit 25 kg Gepäck 🥴
 
Mit Talent hat das nicht viel zu tun, ausser bei den wenigen Ausnahme-Leuten, die PBP in 45h Stjnden runterknallen. Bei alles anderen ist es vor allem eine Frage des Wollens.
Wollen und Können sind bei solch extremen Dingen wohl Brüder.
Deine Verwendung von Talent teile ich, Talent, etwas GUT zu können.
 
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