Ist ein super wichtiges Thema.
Das Stichwort ist hier ein richtiges Verständnis von "gesehen werden", und dabei spezielle der kognitive Aspekt des Sehens. Das meiste, was wir rein physikalisch sehen, wird durch unser Gehirn automatisch herausgefiltert, bevor es kognitiv verarbeitet wird und damit bewusst wird. Sehen ist nicht passiv, sondern ein aktiver kognitiver Vorgang, der evolutionär darauf optimiert ist, Sachen wegzufiltern, die das Gehirn als nicht wichtig erachtet.
Das ist der Hauptgrund für Unfälle zwischen KFZ und Radfahrern.
Wer sich da einlesen möchte, dem sei die Website von Dr. Marc Green empfohlen, einem experimentellen Psychologen und Unfallforscher mit Spezialisierung in "Vision", z.B.:
http://www.visualexpert.com/Resources/seeing.htmlhttp://www.visualexpert.com/Resources/inattentionalblindness.html
Die Website hat unter "Human Factors" noch eine Fülle von weiteren sehr lesenswerten Artikeln zum Thema.
Aber in aller Kürze - was kann man konkret tun, um gesehen zu werden:
1)
Erkennbarkeit (nicht nur Sichtbarkeit!) erhöhen: Es kommt nicht nur darauf an, dass ein Autofahrer z.B. ein rotes LED-Licht sehen kann, das wird im Zweifel "gefiltert" und bleibt damit unsichtbar. Erst wenn der Autofahrer einen Radfahrer als Radfahrer erkennt, wird er im kognitiven Sinn "gesehen" und löst ggf. eine Handlung aus. Hierbei scheint "Biomotion" nach Stand der Wissenschaft sehr effektiv zu sein, da das Gehirn evolutionär einer als biologisch erkannten Bewegung eine hohe Wichtigkeit zuweist und damit nicht filtert. Das heisst also: LEDs oder Reflexstreifen an den Füßen/Knöcheln oder an irgendwelchen anderen Stellen die sich bewegen, das hat einen sehr großen Effekt (und ist z.B. auch Grund, warum eigentlich auch Pedalreflektoren eine super Idee sind).
Die meisten StVZO-Rücklichter sind übrigens in diesem Zusammenhang ungeeignet, aber das ist ein anderes Thema.
2)
Voraussehbarkeit: Es klingt seltsam, aber das Gehirn filtert bei gewohnheitsmässigen Handlungen (z.B. Autofahren) Dinge heraus, die es als dafür nicht üblich/wahrscheinlich gelernt hat. Sehr vereinfacht, sorgt das dafür, das Autofahrer ein Auto sieht, aber nicht den davor fahrenden Radfahrer (auch im Hellen!), da er diesen dort nicht erwartet. Dieses Problem kann man nur dadurch lösen, indem man entweder Fahrräder auf Straßen zu einer Normalität macht, oder indem man als Radfahrer immer defensiv fährt und versteht, dass das Gehirn des Autofahrers den Radfahrer oft auch herausfiltert (und damit nicht "sieht"), wenn einen dieser direkt anschaut.