• Hallo Gast, wir suchen den Renner der Woche 🚴 - vielleicht hast du ein passendes Rennrad in deiner Garage? Alle Infos

Lach- und Sachgeschichte ums Titanrad - ein Aufbau-Thread

Freut mich riesig fuer dich, dein kleines Luxusproblem.
Toller Faden, hat Spass gemacht (und macht es noch) :)

Zum Dropbar:
Meiner Frau habe ich jetzt den Midge angetan:


Bislang gefaellt ihr das besser als die Turnstange mit Hoernern zuvor.

Ich bin so angetan von dem Ding, dass ich jetzt mein Uralt-MTB damit verheiraten mag:


Bin schon gespannt, wie mir das passen wird.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

Anzeige

Re: Lach- und Sachgeschichte ums Titanrad - ein Aufbau-Thread
Ich konnte es auch nicht fassen. Und v.a. dass - bei aller Wertschätzung - die Polizei es mindestens über ein halbes Jahr verpennt hat, den Lagerfund ordentlich abzuschließen. Wie lange ist so eine Ermittlungsakte offen, bis sie der Staatsanwaltschaft übergeben wird? 6 Wochen?
Und beim Aufräumen am Jahresende hat er es dann gemerkt. Oh, da war noch was!
Oder der Vertrag für den Lagerraum beim Abschlepper war abgelaufen und musste verlängert werden ...
Nur weil Du "...bei aller Wertschätzung" geschrieben hast, plaudere ich etwas aus dem Nähkästchen;).
Eine Akte bzw. ein Ermittlungsverfahren kann schon mal locker 6 Monate anstatt der 6 Wochen beim Sachbearbeiter verweilen:(. Umfängliche Verfahren sogar über Jahre!!!
Mit dem Jahresende hattest Du den richtigen Riecher, denn da drängeln alle "Chefs" immer sehr doch noch möglichst viele "Abschlüsse" (danach gehen die "an"-ermittelten Akten zur Staatsanwaltschaft!) zu machen:mad:.
Als Erklärungsversuch für den verärgerten Bürger sei die Überlastung genannt:(. Die Zeiten an denen ein (Kripo)-beamter sich die Eier schaukeln konnte sind leider längst vorbei, echt:crash:!
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei unseren kellereinbruch wurde der Fall sofort "eingestellt "
"Das Rad sehen es nich mehr wieder , die einzelteile sind bestimmt schon verkauft"
 
Nur weil Du "...bei aller Wertschätzung" geschrieben hast, plaudere ich etwas aus dem Nähkästchen;).
Eine Akte bzw. ein Ermittlungsverfahren kann schon mal locker 6 Monate anstatt der 6 Wochen beim Sachbearbeiter verweilen:(. Umfängliche Verfahren sogar über Jahre!!!
Mit dem Jahresende hattest Du den richtigen Riecher, denn da drängeln alle "Chefs" immer sehr doch noch möglichst viele "Abschlüsse" (danach gehen die "an"-ermittelten Akten zur Staatsanwaltschaft!) zu machen:mad:.
Als Erklärungsversuch für den verärgerten Bürger sei die Überlastung genannt:(. Die Zeiten an denen ein (Kripo)-beamter sich die Eier schaukeln konnte sind leider längst vorbei, echt:crash:!

Danke für die Erklärung, ich hatte ja so etwas in der Art vermutet. Bin auch nicht von Eier-schaukeln ausgegangen. Und ich glaube auch nicht, das morgens alle anderen aufstehen, nur um mich zu ärgern :D Irritiert hatte mich lediglich das Missverhältnis von verstrichener und noch verbleibender Zeit ...
aber alles ist gut :)
 
Wir denken ja gemeinhin, die unbelebte Welt um uns herum würde nicht kommunizieren.
Aber das stimmt nicht.
Jetzt weiß ich: Räder und Radteile reden mit uns, wenn wir sie ausdrücklich dazu auffordern. Sogar mehr, als uns lieb ist.

Die nachfolgenden Ereignisse betäubten mich geradezu durch die Vielzahl der Eindrücke und die schnelle Abfolge. Beides kann in Textform nur sehr unzureichend wiedergegeben werden kann.
Aber ich versichere Euch: so und nicht anders hat es zugetragen!

Es lag nahe, dass ich als Ort für die gemeinsame Unterredung mit meinen besten Freunden die Kellerwerkstatt vorschlug. Also befestigte ich morgens einen Aushang an der Kellertür:
meeting.jpg

Renner-Vollversammlung
Ort: Werkstatt
Termin: 21.30
Zeitfenster: End-of-business (23:59 Uhr)
Zielfragen: Wer bleibt, wer geht?

Ich hatte jetzt keine großartige Agenda vorbereitet. Eine kurze Einführung ins Thema und dann die Bitte um Wortbeiträge. Dann würde sich alles Weitere schon ergeben. Im Hinblick auf unser vertrauensvolles Verhältnis und eine transparente Kommunikationskultur sollten Ersatzteile und Werkzeug als Auditorium ohne Stimmrecht zugelassen sein.

Dieser Umstand war naturgemäß auch praktischen Überlegungen sowie meiner eigenen Faulheit geschuldet :D. Alle Kisten, Verpackungen und Werkzeugaufnahmen im Vorfeld zu entfernen hätte einen erheblichen logistischen Aufwand bedeutet, den ich selbstredend scheute.

Nach meiner abendlichen Hunderunde betrat ich die Werkstatt und spürte instinktiv eine Veränderung. Es waren nur Kleinigkeiten. Hier ein Kleinteil, von dem ich mich erinnerte, es an einen anderen Ort gelegt zu haben und dort eine Kiste, deren Deckel harmlos leicht geöffnet war. Ich verbuchte dies als Wahrnehmungsunschärfe und erklärte mir diese Veränderungen mit meiner eigenen Vergesslich- und Schludrigkeit sowie dem Umstand, dass mein Nervenkostüm doch angespannter war, als ich vorzugeben glaubte.

Freunde, begann ich, wir haben einen kritischen Punkt erreicht.
Ich hielt inne. Was ist das denn für ein Bullshit. Fehlt gleich nur noch das allerübelste Western-Klischee: In dieser Stadt ist nur für einen von uns Platz, Kleiner!
high noon.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich startete einen neuen Versuch, in dem ich dem Amerikaner möglichst neutral die Wiederankunft seines Vorgängers und die damit verbundenen Aufregungen schilderte. Und auch wenn er sich aktuell in einem deutlich mitgenommenen Zustand befinde, seien sich beide doch möglicherweise ähnlicher, als es auf den ersten Blick scheine. Daraus resultieren eine Reihe von Unsicherheiten hinsichtlich Indentität, Wartung, Pflege, Aufmerksamkeit und Ausfahrtmöglichkeiten. Von Unterkunft und dem sowohl standesgemäßen als auch zugesicherten Freiraum innerhalb der Lagerstätten ganz zu schweigen. Anschließend wollte ich noch kurz den wirtschaftlichen Impact anreißen, aber so weit kam ich gar nicht mehr.

fatto a mano.jpg

Aus dem obersten Regalboden oben links hörte ich ein feindseliges Zischeln: "Ist doch ganz einfach! Der Scheiß Ami muss weg. Wir Italiener haben die älteren Rechte!". Das war der vor Jahren ausgebaute und nun nur noch aus sentimentalen Gründen eingelagerte Colnago Steuersatz. Kugelförmig und eher unhübsch proportioniert wie er war, waren wohl die eigenen Verlustängste der Ursprung seiner voreiligen Fürsprache. Er witterte eine Duplizität der Ereignisse. Sofort durchschoss mich der Schmerz des schlechten Gewissens aus der Erinnerung. Hatte nicht ich ihn als erste Aktion gegen einen smoothen, schlanken und frischen Chris King ausgetauscht?

"Recht hat er!" und "Genau. Nur so geht das." und "Hört, Hört!" sowie ein "Ami Go Home!" aus den unterschiedlichen Ecken meines Montage- und Wartungszentrums. Ich hatte den Werkstattraum immer begriffen als sicheres Refugium vor dem Unbill der kalten und grausamen Welt draußen. Ein Rückzugsort vor den unverständigen Rad-Ignoranten. Ein Eldorado von Gleichgesinnten. Ruhezone nach Konflikten in der Familie. Und jetzt sowas!

Gleichzeitig mit diesem Rumoren setzten sich einzelnen Regalbereiche in Bewegung. Offensichtlich hatten die Radteile den Tag dazu genutzt, im Vorfeld gemeinsame Interessen auszuloten und Koalitionen zu bilden. Das alles in einem beeindruckendem Tempo. Ich sag ja immer: Man sollte Rennräder nie in ihrer Geschwindigkeit unterschätzen.

ITA vorbauten.JPG


Generationen von 3T Schaftvorbauten formierten sich in einer Phalanx vor den Campa Ersatzteilkisten.
Der Ultra-Torque Schlüssel und Kassettenabzabzieher rutschen von ihrer Werkzeugwand und flankierten in einer fast agressiven Choreographie die Außenflügel. Erstaunlich schnell bewegte sich die Menge in Richtung der Rennräder, wo sie von Ugo und Ernesto offenbar schon erwartet wurden. Ich meinte sogar, einige von ihnen den Triumphmarsch aus Aida summen zu hören. Oder war's Carmen? Nein, Aida!

Eh ich mich versah, bildeten die Italiener eine Schutzwand um den (seiner Laufräder und seines Antriebs beraubten) bewegungsunfähigen und derangierten Paduano. Stilsicher und kulturbeflissen sind sie ja, dachte ich, die Italiener. Sogar der 72er Benetto in Tricolore Lackierung humpelte auf müden Schlauchreifen herbei, offensichtlich aber weniger, um als erfahrener Haudegen mitmischen zu wollen als vielmehr die aus seiner Sicht halbwüchsigen Jungspunde moralisch zu unterstützen.
Erst jetzt sah ich, dass die Formation kein Tryptichon darstellt, wie ich zuerst zu erkennen meinte, sondern - mangels Masse an Devotionalien - zwar nur reduziert, aber deutlich memorabel den Aufbau in der Kapelle Madonna del Ghisallo imitierte. Meine anfängliche Bewunderung schlug in Ehrfurcht um.

Kapelle Madonna del Ghisallo.jpg


Fehlte nur noch, dass sie an die Madonna als Schutzherrin der Radfahrer beteten. Das würde ich ihnen jetzt auch noch zutrauen. Nur am Rande waberte mein Geist zu den theologischen Abhängigkeiten: Sind italienische Gebete an eine katholische Schutzheilige in einem durch und durch protestantisch bildungsbürgerlichen, deutschen Haushalt überhaupt wirksam?

Auf der anderen Seite ließ die Antwort nicht lange auf sich warten.
madeinusa.png

Zwei, drei Salsa-Teile sammelten sich und holten ein paar Ritchey Lenker zur Hilfe. Sogar ein Bontrager war dabei. Die Rolf Räder hatten es offensichtlich nicht rechtzeitig geschafft, sich aus den Laufradtaschen zu befreien. Klar, die sind ja auch von Campa :) Der Woodchipper - ich hatte ihn als letztes ausgebaut und in der Zwischenzeit noch nicht wieder ordentlich verpackt - verhedderte sich in Resten von Schalt- und Bremszügen, kam dann frei, strauchelte kurz, gewann schließlich festen Boden unter den Füßen und konnte sich mit Hilfe des kräftigen Thomson Vorbaus aufrichten. Er positionierte sich in erster Reihe noch vor dem Lynskey, breitete seine gewaltigen Arme aus und tänzelte boxergleich vor den rot-weiß-grünen Linien auf und ab: "Na komm doch, du armseliger Rocky Verschnitt. Du Italian stallion. Abgehalftertes Spaghetti Geröhr! Ich zeig Dir, wo der Hammer hängt! Ich geb dir den Rest!". Lynskey wurde von Sekunde zu Sekunde größer und glänzte vor Stolz.

Soviel zum Thema "konfliktfrei", "repressionsfreier Diskurs", "Verhandlungen auf Augenhöhe" und "harmonisches Miteinander in der Herde". Das ist ja mal gründlich daneben gegangen.

UK flag2.jpg

Die beiden fälschlicherweise "Engländer" genannten Rollgabelschlüssel der Werkzeugwand verbündeten sich wider besseres Wissen rasch mit 753er Raleigh/Reynolds aus Ilkeston, aber die Briten wussten so gar nicht recht, wohin sie sich wenden sollten und waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Englische Kleinteile sind offenbar Mangelware und der auch bei mir weit verbreitete britische Innenlagergewinde-Standard BSA war wegen Unsichtbarkeit keine Hilfe.
Ein paar zur Reinigung bereitliegende Shimano XT Komponenten erwachten, schüttelten grob ihren Dreck ab und wollten mitreden, waren aber indifferent hinsichtlich der entstehenden Lager und Konföderationen.
Namenlose China-Teile versuchten sich zu formieren, erstarrten aber letzendlich in Rat- und Tatenlosigkeit.

Ausgemusterte Laufräder witterten ihre Chance und riefen: "Genau! Jetzt werden hier mal andere Speichen aufgezogen"!
Der Starrgang-Stahlrenner erwachte von dem Krach aus seinem Schlummerdasein in hinterster Reihe und solidarisiert sich sofort: "Wer rastet, der rostet! Seht mich an!"
schrauben.jpg

Die gesammelten Edelstahl- und Titanschrauben erwiderten: "Halt die Klappe. Du weiß gar nicht, worum es geht. Die beiden Jungs da können gar nicht rosten. Die sind aus ganz anderem Holz geschnitzt als du."

Das war offensichtlich das Stichwort für die bisher ruhig gebliebenene Holzvorräte in der Werkstatt, in diesem Augenblick der Entscheidung nicht tatenlos zu bleiben. Die Ahorndielen drehten sich stumm zur Seite und wiesen auf ihr Siegel der kanadische Herkunft und damit Nähe zum Amerikaner hin.
Der Nussbaum erwiderte unverzüglich, dass Dichte, Farbe und Maserung der US-Hölzer weit, ganz weit unter der europäischen, und das heißt natürlich weit unter der besten, der französischen Qualität liege. Netter Versuch vom Franzosen, Europaweit zu denken, aber letztlich fokussiert er doch wieder nur die eigenen Probleme im Land.

Ein Cinelli-Decalset konnte sich aus der Schublade befreien und will sich gerade pioniergleich auf das blanke Unterrohr des Amerikaners kleben. Dabei skandiert es immer wieder den meistgesprochenen Satz in der Werkstatt: "Das ist egal. Haupsache es sieht gut aus!"

cinelli frame decal.jpg


Jetzt klingelt's auch bei den echten Altmetall-Resten. Für den Recyclinghof vorsortiert schöpfen sie neue Hoffnung und flehen: "Behalt uns! Aus uns kann man noch was Schönes bauen!"

Ein unglaubliches Durcheinander und babylonisches Sprachengewirr. Eigentlich freue ich mich auch ein bisschen: Endlich mal Leben in der Bude.
Aber die Werkstatt drohte zu bersten. Und ein bisschen Angst hatte ich schon.

Ich brauchte Hilfe. Unterstützung. Einen Schlichter.
Ich ging nach nebenan zum Weinregal und fand einen ganz hervorragenden 2006er Merlot aus dem Tessin.
Qua seiner eidgenössischen Provinienz war er zur Neutralität verpflichtet und für diesen Job wie gemacht. Ich setzte ihn als Vermittler ein und kehrte zurück.
schweiz-rotwein-ticino-merlot-riflessi-d-epoc-guido-brivio.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, aber Du weisst ja, was der Schweizer sagt - hier kommt keiner mehr rein, und wer zuletzt kam, muss gehen. Und Familiennachzug gibts auch nicht mehr!
Höchstens als Saison-Arbeiter zu reduziertem Lohn könnte man ... vielleicht ... reden ... ;-)
 
Ich öffnete den Schweizer und mit dem "plopp" waren alle auf einmal still.
Was war das denn? Das ist ja großartig. Mit einem solchen Erfolg hatte ich nicht gerechnet.

Eigentlich soll man ja Weinflaschen leise öffnen, aber hier drängte eben die Zeit. Ich nahm mir vor herauszufinden, warum überhaupt das leise Öffnen bevorzugt wird. Wenn es einen solch durchschlagenden Erfolg in Krisensituationen hat, werde ich fortan den Rebensatz nicht nur mit einem Plopp, sondern mit einem Riesenknall an die Luft bringen. Und es weiterempfehlen. Ich werde die Geschichte der Wein-Degustation neu schreiben müssen! :D

Aber es funktionierte. Alle waren ruhig.
Nur ein Bremszugegenhalter von Campa hatte offensichtlich seinen Halt verloren :confused:
Ha! Lusche! Das ist doch sein einziger Job! Nicht mal das kann der Kleine!
und rollte in der Stille noch ein paarmal von rechts nach links auf dem Boden hin und her.

Ich nutzte dich Chance:
"Freunde, das geht so nicht. So kommen wir nicht weiter!"
Pause. Ich hatte nicht ersthaft damit gerechnet, dass sie mir zuhören würden.

"Ab jetzt findet die Versammlung unter Ausschluss der unbeteiligten Räder statt. Für die Dauer der Konferenz schaffen wir Platz für die übrigen Renner im Gästezimmer. Werkzeuge und E-Teile gehen wieder an ihre Plätze. Und der erste, der unaufgefordert redet, fliegt raus!"

Es dauerte ein wenig, bis es alle begiffen hatte, dass der Spaß vorbei war. Aber dann setzten sie sich langsam in Bewegung, erst unkontrolliert, dann immer ein bisschen besser zielgerichtet.
Der Raleigh von der Insel näselte beim Umzug etwas von "No sex please, we're british!". Offenbar wurden hier Kulturdifferenzen deutlich und er hatte andere Vorstellungen von einem Gästezimmer als ich - aber im Großen und Ganzen waren die Renner zivilisiert und trollten sich.

Mannomann, dachte ich.
Das ist ja gerade noch mal gut gegangen. Und was für ein Glück, dass sich die Schmuddeljungs mit den groben Reifen alle in der Garage räkeln und von dem ganzen Theater hier nichts mitbekommen. Sollen die sich ruhig weiter über Schulterstollen, Profiltiefen und maximalen Grip austauschen. Nicht auszudenken was passiert, wenn die auch noch anfangen, mit Dreck zu werfen ...
052_cyclocross%20kruger%20farm.jpg 054_pdxcross_cyclocross_fair.jpg 083_cyclocross_pir_sscxwc.jpg 059_cyclocross%20kruger%20farm.jpg 2008-12-13_212558.jpg

Dann saßen, lagen und hingen auch die Werkzeuge alle wieder ordentlich an ihrem Platz und harrten der Dinge.
Lediglich der übermütige Spokey forderte immer wieder den alten Vierkant-Kurbelabzieher und den Innenlager-Vielzahn zum Wettspringen über die Schraubendreher heraus.
spokey.jpg

Ich ließ in noch dreimal alleine hüpfen, dann war auch da wieder Ruhe im Karton.

Der Schweizer und ich tauschten uns im Vorfeld ein wenig aus. Austausch ist vielleicht nicht die ganz einwandfreie Bezeichnung. Also er gab und ich nahm :D

Nach der Stille eröffnete Paduano Giuda gleich mit einer Breitseite an mein ohnehin schon angegriffenes Gemüt. Offensichtlich hatte er sich in einem unbeobachteten Moment Rückendeckung innerhalb der EU bei einem irischen Underground Schriftsteller geholt:

"... Ich wußte, daß ich dieses Fahrrad lieber hatte als je ein anderes Fahrrad zuvor, lieber sogar als manche Leute mit zwei Beinen. Ich liebte ihre bescheidene Kompetenz, ihre Fügsamkeit, die einfache Würde ihrer stillen Art. ..., wie unerklärlich statthaft und beruhigend ihre Luftpumpe, die sich warm gegen ihren hinteren Schenkel schmiegte! ..." [Flann O'Brien "Der dritte Polizist"]

Lynskey ignorierte den Auftakt und verwies auf die ungebrochene Traditionslinie und Sukzession innerhalb der amerikanischen Titanrahmenbauer. Betonte dabei das zwar nicht ungebrochene, aber immerhin auf sehr hohem Niveau befindliche Ansehen der eigenen Hersteller-Familie. Erwog dazu die überragenden sportlichen Qualitäten sowie die lohnenswerten Mühsale beim Aufbau.

Ha, brüllte der Italiener. Das ist ja wohl die Höhe. Amerikanische Kulturgeschichte. Dass ich nicht lache. Das ist ja ein Buch, das nie geschrieben wurde! Und auch nie geschrieben wird! Genau wie "Die gute Küche Großbritanniens". Ha!

Prompt kam die Replik aus Übersee: "Aber italienische Heldensagen, die gibt's, wie? Sieh Dich doch mal an. Kaum mal ein bisschen rangenommen, schon verliert er alle seine Teile. Kann nicht mal auf sich selbst aufpassen, der Junge!"

Das kippt schon wieder, dachte ich und schaute meinen Freund aus dem Tessin an.
Don't Panic! konnte ich in ihm lesen.

Der ultimative Guide durch das Universum, erinnerte ich mich. Don't Panic. In allen Lebenslagen.
http://www.keepcalm-o-matic.co.uk/
keep-calm-o-matic.jpg
listen to black sabbath.jpg


Und offenbar spielten Ozzy, Bill, Tony und Geezer lauten genug auf und brachten damit die beiden Jungs zur Ruhe.

Danach kam erneut der Schweizer zur Hilfe. Ich hatte keine aktiven Gesprächsbeitrag vom ihm erwartet, sonder hoffte nur auf seinen mildernden Einfluss.

Tatsächlich sprechen die Eidgenossen ja von Natur aus langsam. Und tatsächlich kann diese Fähigkeit übertragen werden! Mit seiner Hilfe gelang gelang es mir, meine Emotionen zu glätten und meiner Sprechmodulation eine höhere Viskosität einzubringen.
Das war das Geheimnis. Indem ich lange, langsam und - als erwartete und erhoffte Folgewirkung des Alkoholgehalts - ein wenig undeutlicher sprach, nahm ich der immer noch aufgeheizten Atmosphäre gleichsam die Luft aus den Segeln. Dann gingen den Kontrahenten die Argumente aus.

Irgendwann war das Schlimmste vorbei.
Wir konnten uns über ein gemeinsames zehn Positionen umfassendes Eckpunktepapier verständigen, veröffentlichten dieses Memorandum feierlich vor dem Auditorium und ratifizierten damit die Rahmenbedingungen für die weitere Vorgehensweise:
eckpunktepapier.png

  1. Beide Titanen können und sollen im Haus bleiben. Keiner, auch kein anderer Renner muss gehen.
  2. Die nationale Souveränität bleibt erhalten. Keine italienischen Decals auf Überseerahmen.
  3. Es sind alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um eine individuelle Identität zu gewährleisten. Verwechselungsgefahr und Beliebigkeit müssen ausgeschlossen sein
  4. Hinsichtlich Teileausstattung werden beide Kandiaten gleichwertig behandelt
  5. Es wird ein kleiner Sonderetat zur Wiederherstellung des Paduano eingerichtet. Notwendige Mittel werden innerhalb der eigenen Kostenstelle aus den Positionen "Wein, Weib, Gesang" sowie "Unterhaltungselektronik" gekürzt und neu budgetiert.
  6. Es wird keine erzwungenen Teilespenden und -Transplantationen innerhalb der Herde geben
  7. Kein Renner muss draußen schlafen
  8. Pflege und Wartung erfolgen gleichberechtigt nach Notwendigkeit und Anforderung.
  9. Die Radauswahl zu Ausfahrten wird nach paritätischen Grundsätzen durchgeführt. Zulässige nachvollziehbare Kriterien sind in der Reihenfolge der Gewichtung:
    - erwarteter Posing-Faktor
    - Einsatzzweck
    - Höhenprofil der Strecke
    - potentielle Gegner
  10. Ich verpflichte mich als Eigner, nicht nur Schaden von Rahmen und Teilen abzuwenden, sondern darüber hinaus das Ansehen von Material und Hersteller in der Öffentlichkeit zu mehren
Erschöpft, aber ausreichend zufrieden gingen wir auseinander. Der Schweizer war sichtlich entleert, ich war abgefüllt.
flascheleer.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Kritische Zeitgenossen mögen den Wahrheitsgehalt der Konferenz und der Authentizität der Schilderung wenig Glauben schenken :cool:
Jedoch bringe ich einen über jeden Zweifel erhabenen Zeugen bei, der Ähnliches erlebte in seiner Bibliothek, als er heimlich seine Bücher beim Sprechen überraschte.

malmsheimer.jpg

Ich höre und verehre Jochen "The Voice" Malmsheimer seit über 20 Jahren. Sowas geht nicht spurlos an einem vorbei. Vielleicht habe ich bereits einiges von ihm verinnerlicht. So war mir sein Meisterwerk über die wispernde Bibliothek unbewusst in die Fontanelle gebrannt :confused: und in die streitende Werkstatt abgeleitet.
Nach Vorbereitung meines Textes habe ich seine Nummer nach langer Zeit das erste Mal wieder gehört und bin beruhigt, dass Jochens Original und seine kongeniale Idee meinem kleinen Werkstatt-Intermezzo meilenweit voraus ist. ;).

Und ich empfehle ihn ausdrücklich weiter. Jochen Malmsheimer: Flieg, Fisch, lies und gesunde. Ich musste wieder Tränen lachen, obwohl ich es schon mehrfach gehört hatte.
Es sind einige Handy-Mitschnitte von seinen Auftritten bei youtube. Leider nicht der "Flieg Fisch". Auf den CDs ist es der vorletzte Track.
Er beendet seine Auftritte gerne mit dem alten irischen Reisesegen:
Und möge der Wind in deinem Rücken niemals der eigene sein!
 
Zuletzt bearbeitet:
...hoffentlich plant die Italo-Fraktion jetzt nicht im finsteren Eck eine Übernahme der Herrschafft ähnlich wie bei "Farm der Tiere"...

Unser storyteller wird uns aber sicherlich verraten, wie das epos weitergeht.

Muss!

Der mit Abstand bester Aufbauthread des Jahrhundert!!
 
  1. Beide Titanen können und sollen im Haus bleiben. Keiner, auch kein anderer Renner muss gehen.
  2. Die nationale Souveränität bleibt erhalten. Keine italienischen Decals auf Überseerahmen.
  3. Es sind alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um eine individuelle Identität zu gewährleisten. Verwechselungsgefahr und Beliebigkeit müssen ausgeschlossen sein
  4. Hinsichtlich Teileausstattung werden beide Kandiaten gleichwertig behandelt
  5. Es wird ein kleiner Sonderetat zur Wiederherstellung des Paduano eingerichtet. Notwendige Mittel werden innerhalb der eigenen Kostenstelle aus den Positionen "Wein, Weib, Gesang" sowie "Unterhaltungselektronik" gekürzt und neu budgetiert.
  6. Es wird keine erzwungenen Teilespenden und -Transplantationen innerhalb der Herde geben
  7. Kein Renner muss draußen schlafen
  8. Pflege und Wartung erfolgen gleichberechtigt nach Notwendigkeit und Anforderung.
  9. Die Radauswahl zu Ausfahrten wird nach paritätischen Grundsätzen durchgeführt. Zulässige nachvollziehbare Kriterien sind in der Reihenfolge der Gewichtung:
    - erwarteter Posing-Faktor
    - Einsatzzweck
    - Höhenprofil der Strecke
    - potentielle Gegner
  10. Ich verpflichte mich als Eigner, nicht nur Schaden von Rahmen und Teilen abzuwenden, sondern darüber hinaus das Ansehen von Material und Hersteller in der Öffentlichkeit zu mehren
Ohne Dir was böses zu wollen, aber dieser Kompromiss klingt wie das Ergebnis einer Uno-Welt-Klima-Konferenz: Keiner muss verzichten, aber alle geben ihr bestes!:D

Ich würde mittelfristig vorschlagen das Hobby zu wechseln. Statt aktivem Radfahren inkl der nötigen Serviceleistung an den Rädern solltest Du lieber eine Stiftung gründen, deren förderungsberechtigtes Ziel der Betrieb einer fahrtüchtigen Leistungsschau metalbasierender Fahrradrahmen für sportliche Verwendungszwecke von den Anfängen bis zur Moderne darstellt. Damit dürften sich eine ganze Reihe der problematischen Argumentationsgrundlagen in einem viel günstigerem Licht darstellen!
 
Ohne Dir was böses zu wollen, aber dieser Kompromiss klingt wie das Ergebnis einer Uno-Welt-Klima-Konferenz: Keiner muss verzichten, aber alle geben ihr bestes!:D
hmm,
das sollte ja gerade das ironische Augenzwinkern sein ;)
als Ruhrgebietskind hätte ich auch einfach sagen können. "Iss egal. Ich will beide!"
Wäre dann aber nur ein Einzeiler geworden :D

... solltest Du lieber eine Stiftung gründen, deren förderungsberechtigtes Ziel der Betrieb einer fahrtüchtigen Leistungsschau metalbasierender Fahrradrahmen für sportliche Verwendungszwecke von den Anfängen bis zur Moderne darstellt ...

Deutlich zu museal. Die Teile (und ich!) gehören an die Luft und auf die Straße. :)
 
Die Story mit dem Paduano ist ja fast zu schön um wahr zu sein.
Gibt es denn wirklich solche Recyclinghofcapos, die den wahren Wert einer solchen Preziose nicht zu erkennen in der Lage sind?
Bei uns auf dem Recyclinghof seh ich immer nur Baumarktschrott. :confused:
 
Ich bin süchtig ! Gebt mir mehr Lesestoff ! Mach weiter ! Jetzt ! Bitte hör nicht auf !
 
Die Story mit dem Paduano ist ja fast zu schön um wahr zu sein.
Gibt es denn wirklich solche Recyclinghofcapos, die den wahren Wert einer solchen Preziose nicht zu erkennen in der Lage sind?
Bei uns auf dem Recyclinghof seh ich immer nur Baumarktschrott. :confused:

Missverständnis?
War ja kein Recyclinghof, sondern eine Lagerhalle bei einem lokalen Abschleppdienst, in welcher die Polizei sichergestelltes Diebesgut bis zur Rückgabe an die Eigentümer zwischengelagert hat ... ;)
 
Ich bin süchtig ! Gebt mir mehr Lesestoff ! Mach weiter ! Jetzt ! Bitte hör nicht auf !

Danke, ich werte das mal als Kompliment :rolleyes:
aber tatsächlich bewegen wir uns mit Riesenschritten auf die Gegenwart zu. So ganz viel gibt es dann schon gar nicht mehr zu erzählen und das Tempo wird sich dann auf "Echtzeit" reduzieren müssen :D
 
Zurück
Oben Unten