Ok, das Mißverständnis wurde ja geklärt, bleibt deine Frage zum "Arretierungsmechanismus". Die direkte Antwort auf deine Frage ist natürlich: "Die gleichen Muskeln, die für die Streckung zuständig sind!" Aber schon bei der Frage, welche der 4 Quadiceps-Muskeln welchen Anteil daran haben, wird es schon wieder kompliziert, denn da gibt es 3 Muskeln, deren Hauptaufgabe die Streckung im Kniegelenk ist und die nur über 1 Gelenk ziehen und damit nur auf 1 Gelenk wirken, nämlich das Kniegelenk (tatsächlich besteht auch das Kniegelenk aus 2 Gelenken, dazu unten - an dieser Stelle ist ihr Charakter als funktionelle Einheit entscheidend, so daß wir ein wenig ungenau von einem Gelenk sprechen dürfen). Der 4. Muskel, der M. rectus femoris entspringt der Spina iliaca inferior und wirkt damit sowohl beugend im Hüftgelenk als auch streckend im Kniegelenk, was ihm eine überragende Rolle im Fußball beim Torschuß verleiht.Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe. Wenn du das Bein am Knie streckst, welche Muskeln verkürzen sich erst, und verlängern sich am Ende dann wieder? Und wenn sich diese Muskeln verlängern, welche Muskeln übernehmen dann, um das Bein weiter zu Strecken?
Außerdem dachte ich, das Bein sollte am Ende der Abwärtsbewegung nicht voll durchgestreckt sein, sonst wäre der Sattel zu hoch eingestellt.
Wo liegt das Missverständnis?
Tatsächlich sind solche Mechanismen bei einem Lebewesen noch viel komplexer und werden auch unterschiedlich realisiert. Grundsätzlich gibt es zwei Varianten, von der meines Wissens meistens nur die 2. realisiert wird:
- Wenn der Ansatz der Sehne so platziert ist, daß der Muskel seine größte Verkürzung bereits vor einer 180-Grad-Gelenkstellung erreicht, verlängert sich der Muskel bei der 180-Grad-Stellung. Das ist zum einen sehr geringfügig und zum 2. sehr selten. Mir ist kein Gelenk bekannt, bei dem die "Arretierung" auf diese Art realisiert wird.
- Die zweite Variante funktioniert so, daß das Gelenk nach Erreichung der 180-Grad-Stellung noch ein Stück weitergedreht wird.
Das würde hier aber zu weit führen. Entscheidend ist, daß durch diese Mechanismen "isometrische Muskelkontraktionen", also die Muskelkontraktionen, bei denen sich der Muskel im wesentlichen weder verkürzt noch verlängert (wie z.B. bei Haltearbeit), weitgehend vermieden und damit der Energieaufwand für das Halten eines Gegenstandes oder der Aufrechterhaltung der stehenden Haltung auf ein Minimum reduziert wird.
Wir ich im letzten Beitrag schon schrieb, muß diese Haltung aber zunächst durch eine sehr kraftvolle Muskelaktivität überhaupt erreicht werden. Daher die Notwendigkeit des "Boosts" kurz vor Erreichen der 180-Grad-Stellung.
Was sonst passiert, kann man in der Tat am besten beim Gewichtheben sehen: Schafft der Athlet die Vollstreckung bzw. Überstreckung im Ellenbogengelenk nicht und bleibt bei 175 + x Grad stehen, muß er mit großer Kraftanstrengung das Gewicht halten, was selten über die vorgeschriebene Dauer bis zum Erreichen der völligen Regungslosigkeit (ca. 2 s) gelingt und daher entweder zu regelwidrigem Nachdrücken oder zum Abbruch des Versuchs führt.