Heißt das jetzt, dass Kotzen aus Überanstrengung ein Indikator dafür ist, dass diese Menschen besser anaerob trainieren können, letztlich also leistungsfähiger sind? Rhetorische Frage, denn ich denke das nicht.
Dann denkst Du falsch. Ob das ganze letztlich gesund ist, bleibt dahingestellt, krankhaft ist es nicht, die Leute können sich, wie Facette auch schrieb, einfach tiefer abschießen, über den inneren Begrenzer hinaus. Und das ist halt manchmal das Zünglein an der Waage zwischen Medaille oder Holz. Zwar kann ein solcher Abschuss, wie hier zu sehen, im Extremfall sogar gesundheitliche Folgen haben, er ist aber nicht per se krankhaft.
Ein üblicher Wert (Anm. Teutone: Laktat, mmol//l), „wenn Sie oder ich uns beim Sport anstrengen“, erklärt der TMU-Mediziner, „wäre 8. Ein Leistungssportler erreicht in der Spitze schnell mal 16.“ Bei einer Belastung wie der des Slalomfahrers Felix Neureuther, der (das hat das Bayerische Fernsehen eben erst schön entschlüsselt) pro Sekunde ein Tor nehmen und dabei eine Richtungsänderung bewerkstelligen muss – enormer Aufwand an Schnellkraft –, kann der Wert auch mal 20 betragen.
Es gibt sogar so etwas wie einen deutschen Laktat-Rekord. Ihn hält ein Ruderer: Filip Adamski. Sein Wert: 27,3.
Adamski saß im Vierer und im Achter (mit dem er 2012 Olympiasieger wurde). Er galt als Endspurttalent. „Mit Filip bekommt ein Boot Flügel“, sagte Mitfahrer Gregor Hauffe. Adamski konnte sich ungewöhnlich intensiv belasten, „Mein Körper sagt ,Stop‘, aber ich schalte auf Sturkopf und mache weiter, das geht schon.“ Diese Mentalität habe er von seinem Bruder übernommen, einem American Footballer, sagte er.
Bei einem Leistungstest ruderte sich Filip Adamski bis zur 27,3 – höchster Wert, seit 1988 begonnen wurde, die Daten deutscher Hochleistungssportler zu erfassen. Adamski büßte aber für seine Überwindungsfähigkeit: Er kollabierte beim anschließenden Duschen, übergab sich 90 Minuten am Stück, musste mit Infusionen versorgt werden. Weil er sich im Uni-Prüfungsstress auch noch ungut ernährt hatte, musste Adamski mit einer daraus resultierenden Nierenschwäche 2008 zwei Monate lang pausieren.
Der Mensch hat zwei Prozent in Reserve
Auch Marcel Hacker, langjähriger deutscher Star im Einer, zeigte auf den Regattastrecken dieser Welt einige Kollapse. Bei der WM im englischen Eton 2006 gewann er Silber, verausgabte sich dabei aber so, dass er im Ziel aus dem Boot glitt, ins Wasser fiel und zu ertrinken drohte. Der Pressesprecher des deutschen Ruder-Verbandes sprang hinein und zog Hacker an Land. Hatte er die letzte Reserve angezapft?
Quelle:
https://www.merkur.de/sport/mehr-sport/spitzensport-bis-zur-erschoepfung-7630231.html