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Ötztaler 2024

Bin ich der einzige, der es nicht "heldenhaft" findet, mit mangelnder Vorbereitung an so einem Event teilzunehmen?
Ich gehe da mit. Wenn jemand tatsächlich kontrolliert auf 12h fährt (und davon gibt es einige), ist das meiner Ansicht nach vertretbar und sehr respektabel. Aber die Kategorie "ich habe zu Weihnachten eine Wette verloren" nimmt nur anderen den Startplatz weg, und würde besser mal mit einer der zahlreichen kürzeren Veranstaltungen beginnen.
 
Der letzte Test war bei einer LD im Dezember 2023 bei 280w bei 78 Kg.
Seit dem bin ich 10000km mit 120000Hm gefahren. Ich hab meine FTP im Juni auf 305w bei 77 Kg eingestellt.
Bin eigentlich auch im Training super damit zurecht gekommen.
Bis auf gestern, da hat gar nichts mehr geklappt.
 
evtl hilft es einem mal vor Ort zu sein, wenn das event ist. Da sind alle Altersklassen, Gewichtsklassen, Räder etc vertreten. Teilweise sind Leute neben mir gefahren mit 20 Jahre alten Rädern, ohne radcomputer und mit 100kg. Die fahren da auch bis zum Schluss. Witzigerweise sieht man eher die juengeren am Rand sitzen, voellig am Ende und überschaetzt.
Leider musste ich auch in der Kühteiabfshrt einen schweren Sturz mitverfolgen, weil zu schnell für die Kurve.

Ich selbst mit 90 kg, 52/39 auf 11-34 und einem ftp von ca 3,6w/kg bin gut durchgekommen.
 
Ich glaub du bist einfach deutlich härter als ich, wenn meine Oberschenkel brennen fang ich an zu jammern 😄
Man muss das Leiden einfach nur annehmen. Man lernt bei solchen Extremerlebnissen sehr viel über sich selbst.

Der Körper kann sehr viel mehr, das Aufgeben beginnt im Kopf.

Als ich an der Labe Schönau stand, war mein Motto: "Jetzt noch eine Stunde leiden, dann hast du es geschafft." Und dann hangelt man sich von Kehre zu Kehre - nach dem langen Anstieg kommen fünf kurze Kehren, das feiert man: "Eins von fünf! Zwei von Fünf! Drei von Fünf, das ist über die Hälfte! Vier von Fünf... und da sehe ich die letzte, yeah, fünf von fünf!" Dann kommt die lange Gerade zur "Aussichtspunkt-Kehre", die man dann leider wieder zurück muss und dann sind es nur noch drei Kehren! Und wenn du die dritte Kehre siehst, dann weißt du, gleich siehst du den Eingang zu dem Scheiß-Tunnel und dann bist du oben! Und du klebst mit den Augen an diesem Tunneleingang, der Stück für Stück näher kommt und du spürst das Glücksgefühl in dir aufkommen und dann hast du es geschafft, die Straße wird flacher und du könntest heulen vor Glück! Das sind die Momente, die mir so richtig den Kick geben, die mich entschädigen für das Leid, die Qualen, das Hadern, den inneren Kampf.
 
Mir fällt auf, dass bisher alle hinter den Plan-/Wunschzeiten zurückgeblieben sind. Woran lag das jeweils?

(Ich möchte ausdrücklich eure Leistung nicht schmälern; es interessiert mich einfach und vielleicht lassen sich daraus wertvolle Erkenntnisse ableiten.)
Für Interessierte - hier nochmal etwas ausführlicher mein Fazit aus Sicht eines DNF-Teilnehmers:

Rückblickend und zusammenfassend stelle ich fest, dass ich mich selbst überschätzt habe - Punkt!, wenngleich ich während der ganzen Vorbereitung immer mal wieder Selbstzweifel hatte, ob ich das schaffen kann. Mal mehr, mal weniger.

Aber nun hatte ich schon die ganze Welt verrückt gemacht, von einem Arbeitskollegen einen Starplatz überschreiben lassen und ja, mir sogar ein neues Rennrad gekauft, damit ich auf dem neuesten Stand bin und mit Scheibenbremsen und elektronischer Schaltung (meine erste) gut für den Ötzi gerüstet bin. Und natürlich, weil ich mir hin und wieder gern ein neues Rad gönne und der Ötzi dafür ein guter Vorwand war.

Da ich bis dahin noch nie einen Alpenpass hoch geradelt war, wurde sogar der Familienurlaub entsprechend geplant und Anfang Juni in St. Leonhard verbracht und dort das Timmelsjoch (bis zur Absperrung) und der Jaufenpass bezwungen. Dennoch war ich zu diesem Zeitpunkt fast soweit, den Ötzi zu canceln, weil ich spürte, dass es für einen oder zwei Pässe reichen würde, aber nicht für den kompletten Ötzi.
Doch so schnell werfe ich das Handtuch nicht und deshalb trainierte ich fleißig weiter und spürte auch Verbesserung beim Training. Aber 6.000 km und 67.000 Hm in den 8 Monaten vorm Ötzi waren offensichtlich zu wenig, zumal ich die 2 Jahre davor nahezu gar nicht geradelt bin und meine Jahresumfänge ansonsten (seit 2011) zwischen 5.000 und 9.000 km lagen.

Vielversprechend war meine Leistungsdiagnostik Anfang März, da lag meine FTP bei ca. 3,0 W/kg und ich hoffte, dass ich mich noch etwas steigern kann. Nach späteren eigenen Tests schätzte ich die FTP auf 3,2 W/kg. Der Doc. am Institut lobte zwar meine sehr gute Gesamtverfassung und die Leistungswerte in Anbetracht meiner 62 Jahre, gab mir aber dezent den Hinweis, dass ich schon noch ordentlich trainieren müsste, um den Ötzi zu schaffen. Vom Abnehmen riet er mir eher ab, höchstens 2-3 kg, aber selbst das habe ich leider nicht auf die Reihe gekriegt und stand mit 77 kg (176 cm) am Start. Auch da war ich zu Jahresbeginn zu optimistisch, dass ich auf 72 kg abspecken werde.

Entsprechend motiviert durch die Leistungsdiagnostik und das bis dahin absolvierte Training bin ich Mitte Mai zum Rhönmarathon, um die 255 km mit 4.800 Höhenmeter zu fahren. Bereits nach den ersten längeren Anstiegen war mir klar, dass ich auf eine kürzere Strecken wechseln muss, denn an den Anstiegen wurde ich permanent überholt und hatte teilweise ordentlich zu kämpfen. Die Karenzzeit hätte ich definitiv nicht geschafft und ich bin dann auf die 180 km abgebogen, die ich zwar mit respektablen 2.900 Hm problemlos gefinisht habe, allerdings auch nur mit einem Nettoschnitt von 20,3 km/h.

Für die Rhön 300km Strecke mit über 5.000 Hm hatte ich mich als finalen Ötzi-Test für Anfang August ebenfalls angemeldet. Nach den Zweifeln im Urlaub habe ich den Startplatz gecancelt, wenn ich ehrlich bin, weil ich befürchtete auch dort zu scheitern und mir dadurch den Mut nehmen würde, beim Ötzi zu starten.

Ich habe mit den Zahlen vom Ötzi, meinen Leistungs- und Trainingsdaten hin und her gerechnet und mich selbst motiviert, dass es schon reichen wird. Allen, denen ich von meinen Zweifeln erzählte, haben ausnahmslos gesagt:”das schaffst du schon!” Im Prinzip das was ich hören wollte.

Nunja, das Ergebnis kennt ihr, es hat nicht gereicht. Aber ich bin tatsächlich froh, dass ich mitgefahren bin und das Ganze jetzt viel besser einschätzen kann. Eine solche Erfahrung macht man nicht durch Training, Gespräche und irgendwelche Berechnungen.
Nach dem Ötzi dachte ich, das war’s, nie wieder tust du dir das an. Heute sehe ich das schon anders und denke über einen zweiten Versuch nach, zumal ich ab Dezember viel Zeit haben werde, weil ich in den Ruhestand gehe.

Aber jetzt muss ich das erstmal sacken lassen und ein paar Wochen unstrukturiert radeln, dann werden neue Pläne geschmiedet.
 
Man muss das Leiden einfach nur annehmen. Man lernt bei solchen Extremerlebnissen sehr viel über sich selbst.

Der Körper kann sehr viel mehr, das Aufgeben beginnt im Kopf.

Als ich an der Labe Schönau stand, war mein Motto: "Jetzt noch eine Stunde leiden, dann hast du es geschafft." Und dann hangelt man sich von Kehre zu Kehre - nach dem langen Anstieg kommen fünf kurze Kehren, das feiert man: "Eins von fünf! Zwei von Fünf! Drei von Fünf, das ist über die Hälfte! Vier von Fünf... und da sehe ich die letzte, yeah, fünf von fünf!" Dann kommt die lange Gerade zur "Aussichtspunkt-Kehre", die man dann leider wieder zurück muss und dann sind es nur noch drei Kehren! Und wenn du die dritte Kehre siehst, dann weißt du, gleich siehst du den Eingang zu dem Scheiß-Tunnel und dann bist du oben! Und du klebst mit den Augen an diesem Tunneleingang, der Stück für Stück näher kommt und du spürst das Glücksgefühl in dir aufkommen und dann hast du es geschafft, die Straße wird flacher und du könntest heulen vor Glück! Das sind die Momente, die mir so richtig den Kick geben, die mich entschädigen für das Leid, die Qualen, das Hadern, den inneren Kampf.
Am Ende muss man sich quälen können. Ich bin zwei Marathons gelaufen. Das war wesentlich schlimmer für mich. Da musste der Kopf den Körper ab km 35 zwingen. Das hatte ich glücklicherweise gestern gar nicht
 
Vielversprechend war meine Leistungsdiagnostik Anfang März, da lag meine FTP bei ca. 3,0 W/kg und ich hoffte, dass ich mich noch etwas steigern kann. Nach späteren eigenen Tests schätzte ich die FTP auf 3,2 W/kg.
Da hier im Allgemeinen sehr viel von FTP und damit zusammenhängend den W/kg geredet wird, sollte man nicht vergessen, dass die TTE (time to exhaustion) gerade bei so langen Events wie dem Ötzi mindestens genauso wichtig ist. Denn was nützt mir eine 20 W höhere FTP, die ich aber nur 30-40 min (= TTE) halten kann? Da tut sich der Fahrer mit der niedrigeren FTP, die er aber 70-80 min halten kann, leichter.
 
Am Ende leidet doch sowieso jeder, auf die eine oder andere Weise.
Die einen leiden aber "nur" 8-9h, die anderen 12-13h.
Letzteres muss man können und wollen. Es wird ja nicht leichter davon, dass man länger fährt. Im Gegenteil.

evtl hilft es einem mal vor Ort zu sein, wenn das event ist. Da sind alle Altersklassen, Gewichtsklassen, Räder etc vertreten. Teilweise sind Leute neben mir gefahren mit 20 Jahre alten Rädern, ohne radcomputer und mit 100kg. Die fahren da auch bis zum Schluss.
Der Teil ist mir schon klar. Das muss man aber aushalten wollen.

Die Frage, die ich mir noch stelle ist, ob es besser wird, wenn man das in meiner Leistungsklasse von vornherein nur als "Radtouristik" annehmen sollte. Keine Zeitziele, außer dem Besenwagen und es komplett als schönen, allerdings schweren Sonntagsausflug mit dem Rad annimmt.

Sonst bräuchte ich wirklich keinen Gedanken daran verschwenden, so lang ich nicht wenigstens nochmal 7-10kg abgenommen habe.

Witzigerweise sieht man eher die juengeren am Rand sitzen, voellig am Ende und überschaetzt.
Leider musste ich auch in der Kühteiabfshrt einen schweren Sturz mitverfolgen, weil zu schnell für die Kurve.

Ich selbst mit 90 kg, 52/39 auf 11-34 und einem ftp von ca 3,6w/kg bin gut durchgekommen.
Heldenkurbel? Junge Junge, das ist tapfer! :daumen:
 
Die einen leiden aber "nur" 8-9h, die anderen 12-13h.
Letzteres muss man können und wollen. Es wird ja nicht leichter davon, dass man länger fährt. Im Gegenteil.


Der Teil ist mir schon klar. Das muss man aber aushalten wollen.

Die Frage, die ich mir noch stelle ist, ob es besser wird, wenn man das in meiner Leistungsklasse von vornherein nur als "Radtouristik" annehmen sollte. Keine Zeitziele, außer dem Besenwagen und es komplett als schönen, allerdings schweren Sonntagsausflug mit dem Rad annimmt.

Sonst bräuchte ich wirklich keinen Gedanken daran verschwenden, so lang ich nicht wenigstens nochmal 7-10kg abgenommen habe.


Heldenkurbel? Junge Junge, das ist tapfer! :daumen:
Man leidet doch nicht ab der ersten Minute. Unterm Strich kann die Zeit, wo es richtig hart wird, sehr ähnlich sein, egal ob man 9 oder 12 Stunden braucht. Umso länger man braucht, desto weniger Prozent seiner FTP fährt man.
 
War mein erster Ötzi und bin erstmal zufrieden das Ziel erreicht zu haben.
Wenn auch deutlich unter meiner Zielzeit.
Zu wenig KH, Wasser und Elektrolyte zugeführt.
Jetzt weiß ich auch zum ersten mal in meinem Leben wie sich Krämpfe anfühlen.
Wie man auf dem Screenshot erkennen kann, kam der brutale Einbruch am Timmelsjoch🙈
Egal, nächstes Jahr wird es bestimmt besser 😂
Das heißt du warst schneller als erwartet?

Auf jeden Fall hast du bergab noch deutlich Potenzial
 
@Facette Spot on. Das merke ich bei mir selbst, am Berg oder selbst beim FTP-Test stößt zuerst der Kopf ans Limit und beginnt den Körper zu bremsen.

So gerne ich theoretisiere, rechne und steuere... in diesen Momenten hilft nur so gut wie möglich Hirn aus, Kopf runter, in mich hinein grinsen und nach Gefühl treten. Daran kann ich noch viel arbeiten.
 
Das heißt du warst schneller als erwartet?

Auf jeden Fall hast du bergab noch deutlich Potenzial
Nein ich war ne Stunde langsamer als ich erwartet hätte.
Das mit den Abfahrten stimmt, da bin ich oft einfach noch zu viel Motorradfahrer im Kopf und bin darauf bedacht auf meiner Straßenseite zu bleiben.
Beim Motorrad fahren willst du maximale Schräglage und beim Rad am besten gerade aufrecht durch die Kurve😂
 
Ich sterb am Berg, fahr momentan 34/30 als kleinsten Gang, über den Brenner komm ich damit grad so, hab rund 3,5w/kg aber 4 Pässe schaff ich damit niemals.
Sry...aber dein absoluter Rückschluss von der W/Kg FTP auf die Machbarkeit des Überfahrens mehrerer Pässe, ist nicht korrekt.

Du wirst Menschen finden, die mit weniger als 3 W/Kg so einen Radmarathon überleben. Kommt halt eher drauf an, wie sie ihre (z. B.) 3 W/kg "sozialisiert" haben. Fahren diese Menschen nahezu jedes We GA Fahrten jenseits der 150 km und vllt unter der Woche noch ein paar Tempo, ggf SST oder Schwelleneinheiten, kommen die auch ganz gut über die Runden.
 
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