Die andere Konsequenz aus den hohen Preisen kann natürlich sein, auf einen "Aero-"Rahmen zu verzichten. Klar, sieht schön aus, sieht neu aus, sieht schick aus, sieht teuer aus und sieht auch schnell aus. Nur dürfte der Aerorahmen kaum schneller sein als ein normales Rad. Was sollen denn auch ein etwas dünneres Steuerrohr und etwas tiefere Kettenstreben bringen, wenn der gleiche Fahrer genauso draufsitzt wie vorher? Da dürften ein 1cm tieferer Lenker und der zugehörige Yoga-Dehnkurs viel mehr helfen...
(Aber klar, wenn man dann trotzdem am persönlichen Rekord, KOM oder Rennsieg scheitert, dann plagen einen die Gedanken, ob man wirklich genug getan hat - oder nicht doch den Aerorenner hätte kaufen müssen... Tip: Aerosocken!)
Erschreckend finde ich irgendwo, dass die Fahrradindustrie, die über Jahrzehnte den Preis durch leichte Teile gerechtfertigt hat, plötzlich behauptet, Gewicht sei überschätzt und nicht so wichtig - Aerodynamik (und Scheibenbremsen ;-) viel wichtiger.
Und dass, bis zu einer Steigung von ca. 5%, Aerodynamik wichtiger sei als das Gewicht.
Das ist ja richtig (für starke Fahrer, für schwache wäre diese Grenze geringer anzusetzen) - aber wer fährt schon eine konstante Steigung und nie steiler bergauf, in der Ebene oder bergab? Da bloß die mittlere Steigung anzusehen ist natürlich irreführend.
a) Der Leistungsbedarf an einem "steilen" Anstieg (ohne relevanten Luftwiderstand) steigt proportional mit dem Gewicht. Eine Gewichtsabnahme um 1% führt zu einer Geschwindigkeitszunahme und Zeitersparnis von 1%. -- Und da man bergauf langsam fährt verbringt man, typischerweise, überproportional mehr Zeit bergauf als in der Ebene oder bergab. - Die Zeitersparnis wirkt sich also noch verstärkt aus. Zusätzlich dürfte sich, durch den geringeren Rollwiderstand, der Gesamtwiderstand um weitere 0.1%-0.3% verringern.
b) Der Leistungsbedarf in der Ebene (oder bergab, dominiert vom Luftwiderstand, Gewichtsersparnis bringt nichts) steigt proportional zur 3. Potenz (die Widerstandskraft mit der 2. Potenz) der Geschwindigkeit. Reduziert man den c_d A (Widerstandskoeffizent mal Stirnfläche) um 1%, dann führt das zu einer Geschwindigkeitszunahme und Zeitersparnis um lediglich die dritte Wurzel von 101% - also um lediglich 0,33%.
Und da man - wegen der hohen Geschwindigkeit - eher wenig Zeit auf ebenen (oder abschüssigen) Stücken verbringt, wirkt sich die relative Zeitersparnis nochmal geringer aus.
Lassen sich 1% Systemmasse oder Luftwiderstand nur am Rad sparen? Etwa 800g lassen sich wohl schon durch den Wechsel von Rival auf Ultegra sparen. Und 1% Luftwiderstand? Da müsste am Rahmen schon Drastisches passieren - immerhin sitzt da ein großer, "dicker" Fahrer drauf. Gute Felgen bringen das wohl - die kann man aber auch an einem Nicht-Aero-Rad montieren...
Bleibt noch die Frage, wie sich Aero- und Leichtrad anfühlen. Weniger Masse fühlt man im Wiegetritt ganz klar, generell fühlt sich das Rad leichter an. "Mehr Aero" dürfte man dagegen kaum fühlen (es sei denn, das Rad stammt noch aus der ersten Generation, ist bocksteif und vibriert...)
Also, hier ein klares Plädoyer zum "Altrad" oder zum unmodischen "Leichtrad mit ohne Aero"...