Zu meinem "Standard-Prozedere" gehört:
Nachdem die Speichen einigermaßen Spannung aufweisen, biege ich alle mit einem Kurbelarm oder bei engen Kreuzungen mit etwas anderem alle Speichen mal durch, damit sich die Bögen so gut es geht an den Flansch setzen, bzw. dass sie gerade von Flansch zu Felge verlaufen.
Nach dem Zentrieren drücke ich einmal jede Seite rundum ab. Das dient allein dazu, die Verdrehungen der Speichen zu lösen. Es würde auch dazu dienen die Bögen an die Flansche zu drücken, aber ich für meinen Teil habe dazu nicht die "Gewalt".
Bei Messerspeichen ist das i.d.R. nicht notwendig, da die ja festgehalten werden können und nicht verdreht sind.
Das "Abdrücken" kann auch komplett gegen die "Kurbelarm-Methode" oder einem anderen Prozedere, was Speichen komplett entlastet, ersetzt werden.
Um die Lager macht man sich im Übrigen zu Unrecht Gedanken: Alles was passieren kann, wenn man eine Nabe mit Wälzlagereinheiten, die nur gesteckt ist, über die Achse abdrückt ist, dass Dir die Lager entgegen kommen.
Um Wälzlager ernsthaft zu beschädigen, wenn man sie axial belastet, braucht es schon eine gewisse Grobheit.
Aber ich mach das alles auch nicht immer gleich, sondern vollkommen willkürlich, je nachdem, was ich meine, was erforderlich ist. Es kommt lediglich darauf an, dass das Rad am Ende keiner weiteren Nachbehandlung bedarf, als einem Setzen weitgehend vorgebeugt wird.
Wer "Routinemäßig" erst einspeicht, dann einfährt und wieder neu zentriert, macht auch nichts falsch. Die Bögen können auch schon beim Einlegen der Speichen an den Flansch gedrückt werden, bei manchen Speichen-Naben-Paarungen wird das sogar notwendig, weil man sonst nicht weiter kommt.
Vollkommen ausschließen, dass ein Rad nachbehandelt werden muß, würde ich trotz aller Vorbeugung nie. So genau hat das niemand in der Hand.
Ein gut gebautes Laufrad hat:
Einen guten Rundlauf, gleichmäßige, in der "richtigen Tonlage" ( was "von bis" geht und nicht punktgenau - und richtig bedeutet, dem Rad angemessen) liegende Spannung und die Speichen müssen sich nicht mehr setzen.
EDIT: Idealerweise ist es so zusammengebaut, dass sich die Nippel künftig noch drehen lassen, also eine Nacharbeit noch möglich ist.
Wie man dahin kommt, ist prinzipiell egal.
Und um es vollständig zu machen: Das ist genau das, was gemeint ist, wenn man von einem "besonders sorgfältigem Aufbau" spricht. Mehr steckt nicht dahinter.
Was definitiv in den Bereich der "Laufradbau-Esoterik" gehört und was man durch keine Methode der Welt erreichen kann: Jede Art, mit der irgendjemand meint, man könne es "noch haltbarer" machen, wie "stress relieving" und andere lustige Ideen.
Wenn man alles berücksichtigt hat und das Rad muß dennoch oft nachbehandelt werden oder bricht frühzeitig zusammen, dann ist die Zusammenstellung suboptimal gewählt, was die Komponenten betrifft. Das kann Absicht sein ( z.B. "Aero" oder Leichtbau), dem "Sachzwang" geschuldet ( z.B. wie besprochene "weiche" Klassiker-Laufräder), oder man hat nicht genug darüber nachgedacht......