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für Freunde der Berliner Radbaukunst

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Re: für Freunde der Berliner Radbaukunst
Hat jemand hier Informationen zum Fahrradhaus Kuschkow in Neukölln?
Oskar Kuschkow war Rennfahrer in den frühen 1920er Jahren. Die Radsportdatenbank gibt als Todesjahr 1922 an. Allerdings gab es wohl bis in die Fünfziger Jahre einen Radladen in Neukölln. Es gab auch Kuschkow gelabelte Rahmen. Hat hier jemand einen solchen Rahmen?
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Einiges an den Informationen zu Oskar Kuschkow stimmt in den einschlägigen Datenbanken wohl nicht.
Hier nun ein paar detailliertere Infos aus ernstzunehmender Quelle:
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Ich habe das Rad erworben und möchte es wieder zurückbauen:
Original sind sicherlich der verchromte und gemuffte Vorbau und die Bremsen von Weinmann "Made in Switzerland", vielleicht noch der Steuersatz und Sattelstütze plus Lohmann-Sattel. Schutzbleche könnten auch aus der Zeit sein.
Wie schätzt ihr das Baujahr des Rahmens ein? Mein erster Eindruck ist Anfang bis bis Mitte der 1950er Jahre...
 
Zu den Besonderheiten:
Ausfallenden mit spitz nach unten zulaufenden Enden, kein Schaltauge, drahtförmige Ösen für den Bremszug unter dem Oberrohr und für den Schaltzug auf der Kettenstrebe, drahtförmiger Haken an der rechten Sitzstrebe zum Einhängen der Kette beim Radwechsel. Flacher, verchromter Gabelkopf wie bei FBL, Hanow, Pagelli und Büchner.
Und es ist mal kein gelb-silbernes Farbschema, wie bei vielen anderen Polrädern :). Das dunkle Blau kommt mir irgendwie von den Hanow-Rädern bekannt vor...
 
Zu den Besonderheiten:
Ausfallenden mit spitz nach unten zulaufenden Enden, kein Schaltauge, drahtförmige Ösen für den Bremszug unter dem Oberrohr und für den Schaltzug auf der Kettenstrebe, drahtförmiger Haken an der rechten Sitzstrebe zum Einhängen der Kette beim Radwechsel. Flacher, verchromter Gabelkopf wie bei FBL, Hanow, Pagelli und Büchner.
Und es ist mal kein gelb-silbernes Farbschema, wie bei vielen anderen Polrädern :). Das dunkle Blau kommt mir irgendwie von den Hanow-Rädern bekannt vor...

Glückwunsch zum Polrad. Kannst Du bitte mal ein Bild vom ganzen Ausfallende hinten ohne das Schaltwerk und den Adapter machen? Das sieht nach Ausfallenden für die Margherita aus.
 
Glückwunsch zum Polrad. Kannst Du bitte mal ein Bild vom ganzen Ausfallende hinten ohne das Schaltwerk und den Adapter machen? Das sieht nach Ausfallenden für die Margherita aus.

Dankeschön! Bilder mache ich, wenn ich es auseinander baue. Es sind die gleichen Ausfallenden wie die vom Kuschkow.
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Okay, dann sind es nicht solche für die Margherita sondern nur Gestanzte mit Einfädelhilfe. Diese würde ich übrigens eher auf die 40er als auf die 50er Jahre datieren.
 
Okay, dann sind es nicht solche für die Margherita sondern nur Gestanzte mit Einfädelhilfe. Diese würde ich übrigens eher auf die 40er als auf die 50er Jahre datieren.

Hier übrigens mal die dreistellige Rahmennummer, vielleicht hilft die beim Datieren. Man sieht auch schön die saubere Linierung der Muffen und des Spiegels.

IMG_3516.JPG
 
Mal eine Frage zur Fahrradindustrie in den späten 1940ern:

Ich lese hier und in anderen Fäden immer wieder von "bestimmt aus den 1940ern/1950ern". Dabei frage ich mich immer, ob 1940er stimmen kann. (Wenn dann ja nur Ende der 1940er)

Denn Deutschland lag am wirtschaftlich am Boden, viele Industriebestriebe wurden nach dem Krieg demontiert. Der Bedarf an anderen Gütern aus Eisen war vielleicht größer (Haushalts- und Küchenartikel usw.)

Anderseits könnte es vielleicht schon stimmen, denn Räder waren im Vgl. zu Automobilen und Motorrädern "billige" Fortbewegungs- und eingeschränkt auch Transportmittel.

Also kann das stimmen, dass schon Ende der 1940er die Fahrradproduktion aufgenommen wurde?
 
Mal eine Frage zur Fahrradindustrie in den späten 1940ern:

Ich lese hier und in anderen Fäden immer wieder von "bestimmt aus den 1940ern/1950ern". Dabei frage ich mich immer, ob 1940er stimmen kann. (Wenn dann ja nur Ende der 1940er)

Denn Deutschland lag am wirtschaftlich am Boden, viele Industriebestriebe wurden nach dem Krieg demontiert. Der Bedarf an anderen Gütern aus Eisen war vielleicht größer (Haushalts- und Küchenartikel usw.)

Anderseits könnte es vielleicht schon stimmen, denn Räder waren im Vgl. zu Automobilen und Motorrädern "billige" Fortbewegungs- und eingeschränkt auch Transportmittel.

Also kann das stimmen, dass schon Ende der 1940er die Fahrradproduktion aufgenommen wurde?

Ich denke, dass der Rahmenbau in Berlin und den anderen, teils sehr schwer bombardierten Städten, kurz nach dem Krieg noch gar nicht möglich bzw. wirtschaftlich war. Es wird wohl mit Reparaturen angefangen haben.
Später werden die Individualisten, also die hier besprochenen Rahmenbauer, wohl erst einmal alte Lagerbestände verbaut haben.
Mich würde in diesem Zusammenhang auch interessieren, wieviele Rahmen die einzelnen Spezialisten dann wirklich gebaut haben. Ich könnte mir vorstellen, dass es gar nicht sooo viele waren. Spätestens Anfang/Mitte der 50er Jahre kamen dann ja die Massenhersteller wie Bauer, Rabeneick und Co zum Zuge. Und die haben ja auch den hochwertigen Rennradbereich abgedeckt...
 
Mal eine Frage zur Fahrradindustrie in den späten 1940ern:

Ich lese hier und in anderen Fäden immer wieder von "bestimmt aus den 1940ern/1950ern". Dabei frage ich mich immer, ob 1940er stimmen kann. (Wenn dann ja nur Ende der 1940er)
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Also kann das stimmen, dass schon Ende der 1940er die Fahrradproduktion aufgenommen wurde?

So wie das Jahrgangsverzeichnis von Stollenwerk zeigt, wurde wohl zwischen 1939 und 1949 nicht sehr viel produziert:

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Ja, genau, denn spätestens ab 1939 war alles Kriegsproduktion, größtenteils schon vorher (Vierjahresplan usw)

Ich kann mir schwer vorstellen, dass da Rahmenbauer noch Material rumliegen haben, aber ich kann mich auch vollständig irren

Ja und nein. Vor Kriegsausbruch ist heute meist und leider schwer nachvollziehbar. Auf der anderen Seite stimmen die von Dir zitierten Fakten schon, nur ist es imho schwer nachzuweisen, ob diese für die Fahrradindustrie wirklich Relevanz hatte und was mit den kleinen Rahmenbauern passierte. Die Industrie baute allerdings mit ganz großer Sicherheit Truppenräder und davon nicht zu knapp.

Vielleicht läßt sich das für die kleinen Rahmenbauer und Radhändler noch am Ehesten irgendwo in der zeitlichen Gegend der dann abgesagten Radveranstaltungen festmachen. Auf jeden Fall muß die Zeit zwischen 1939 und 1940 als der Westfeldzug begann so ungefähr auch die Zeitlinie wiederspiegeln, ab der die kleinen Rahmenbauer mehrheitlich keine Neuräder mehr bauen konnten. Interessanter Weise läßt sich das sogar für die "bestetzten Gebiete" einfacher herleiten, da sich dort die Requirierungspraxis der Rohstroffe angeblich besser aufdecken läßt.

Nach dem Krieg gab es zuerst die sog. Winterarbeit. Da wurden auch Fahrräder repariert und aus zwei Zerbombten ein Funktionstüchtiges gemacht. Und da diese Winterarbeit bedeutete, daß man für die geleistete Arbeit einen Teller Suppe bekam und Niemand wirklich kontrollierte, wie lange man an einem Teil wastelte, retteten sich viele mit sehr viel künstlerischem Talent und Eifer von Suppenteller zu Suppenteller und über den Winter. Da sind richtig schicke und künstlerisch wertvolle Lackierungen und Arbeiten entstanden.

So richtig los ging es wohl erst wieder ab ungefähr 1947/48, stockte dann aber erneut und lief dann endgültig richtig an mit der Währungsreform in 1949. Das galt aber nicht nur für Deutschland sondern z.B. auch für Österreich. Und auch in den Siegerländern war bis dahin wirtschaftlich nicht wirklich viel mehr los als bei uns; dafür waren die Narben an Land, Menschen und Industrie auch dort viel zu groß.

Ich besitze übrigens ein Dürkopp Diana, welches 1947 oder 1948 aus Österreich nach Bayern geschmuggelt wurde. Die neu produzierten Rennräder wurden damals auf die Händler und Vertriebe zugeteilt und es waren angeblich alle auf Deutschland Verteilten schon vergriffen; einzig ein Händler in Österreich hatte ein noch nicht vorab verkauftes Pärchen aus Damen und Herren-Rennrad, welches sich der Erstbesitzer sogleich gegen Bares und sicherlich auch einiges an Tauschware krallte.

Das Pärchen wurde dann, wie auch noch bis in die tiiefen Achtziger hinein üblich, auf eigener Achse über die Pässe in das Bayerische geradelt, viele Jahre bestimmungsgemäß genutzt und vom Zweitbesitzer getrennt. Ich bin der dritte Besitzer.
 
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