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Meine Reise als Radsportler bei Steherrennen und Jedermannrennen

Giant TCR Fahrer

Steherfahrer aus Leidenschaft
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Heidenau
Moin Moin,

heute möchte ich ein wenig über Steherrennen und deren Besonderheiten berichten. Dieser Faden enthält zwar keine expliziten Fragen, aber natürlich kann gern Diskutiert werden :)

Geschichte der Steherrennen

  • Die Anfänge
Zunächst einmal der Begriff Steher bzw. Steherrennen im allgemeinen. Warum heißt das ganze so? Nun, das hat mit den Ursprüngen dieses Sports zu tun. Um die Jahrhundertwende (20. Jahrhundert) etablierten sich Radrennen, vor allem in Form von Sprintterrennen immer mehr. Zusätzlich wollte das Publikum jedoch auch noch schnellere Rennen, die länger waren als Sprinterrennen. Was macht man in so einem Fall? Genau, man lässt die Rennfahrer, genannt Steher, hinter anderen Rennfahrern, genannt Schrittmacher, hinterherfahren und wertete diese dann als Gespann. Anfangs waren das noch einfache Fahrräder, es ging lediglich darum, durch den Windschatten schneller und weiter fahren zu können. Allerdings wurde dies dem Publikum immer mehr zu langweilig, weshalb es sich über Tandems bis hin zu Rädern für 6 Schrittmachern, was natürlich wesentlich höhere Geschwindigkeiten ermöglichte. Aber auch das war zu langsam, das Publikum wollte mehr Gefahr. Also dauerte es nicht lange, bis die muskelkraftbetriebenen Schrittmacherfahrräder durch motorbetriebene 2-Räder, man könnte auch sagen "Motorräder", abgelöst wurde. Damit sprang die Geschwindigkeit innerhalb von wenigen Jahren immens nach oben, auf einmal waren Geschwindigkeiten von 80, 90, teilweise 100 km/h und schneller möglich.

Das ging dann einige Jahre gut, allerdings wurden die Gefahren natürlich immer größer, teilweise "wusste" man, auch wenn es makaber klingt, dass bei einem Rennen mindestens ein Rennfahrer sterben würde, man bereitete bereits vor Rennstart passende Todesanzeigen vor. Im Jahr 1909 ereignete sich dann auf der Radrennbahn Berlin im böhmischen Garten ein sehr schwerer Unfall, bei dem 9 Menschen ihr Leben lassen mussten. Genaueres kann hier nachgelesen werden. Dieser Unfall hatte zur Folge, dass erst einmal sämtliche Rennen mit Motorführung abgesagt werden musste. Nach einigen Reformen wurde dann der Rennbetrieb wieder aufgenommen, allerdings mit sehr starken Sicherheitsvorkehrungen. So wurde, zum Beispiel, der Abstand der Rolle des Stehermotorades nach hinten vergrößert, so hatte der Steher weniger Windschatten und die Geschwindigkeiten gingen deutlich zurück. Damit auch das Zuschauerinteresse. Allerdings konnten die Spitzenfahrer dennoch von den Rennen leben, bei 6-Tage Rennen waren die Steher stehts die Publikumslieblinge.

  • Die Neuzeit (meine Zeit als Steher)
Ich selbst bin nun seit meinem 18. Lebensjahr, insgesamt nun bald 4 Jahre, als Steher hinter Motoren unterwegs. In dieser Zeit konnte ich auf den größten Bahnen Deutschlands fahren, unter anderem Ikonen wie Bielefeld, Forst, Nürnberg (leider nicht mehr in Betrieb) oder Erfurt. Weitere Rennstrecken waren Heidenau, Rostock, Berlin, Singen. Am Sport fasziniert mich die Geschwindigkeit, diese rohe Kraft der Motoren. Meine Heimbahn ist die Heidenauer Radrennbahn, der SSV Heidenau besitzt insgesamt 9 AWO 425t Sport Motoren, alle samt aus den Motorenwerken Suhl. Ursprünglich wurden diese kleinen, 250 cm³, Maschinen in Berlin gefahren, allerdings sicherte sich unser Verein die Motoren. Damit hat Heidenau weltweit die einzigen Sitzmotoren, die bei Wettkämpfen eingesetzt werden dürfen. Alle anderen Motoren sind Stehmotoren, das heißt, der Schrittmacher steht auf dem Motorrad und hat lediglich einen angeschrägten Sitz zum anlehnen. Geschwindigkeiten lassen sich so um die 70 km/h in der Spitze erreichen, mehr kann man auf unserer Bahn nicht fahren, da sie zu flach ist. Die schönsten Wettkampfmotoren hat, meiner Meinung nach, Bielefeld, dort sind Triumph Tiger stationiert, mit 750 cm³. Da kann man dann auch mal 80, 90 km/h fahren.

Aber so viel zur Geschichte. Sollte weiteres Interesse bestehen, dann kann ich gern noch was zum Spezifischen Training, der Taktik, den Motorrädern, den Fahrrädern und der Verständigung während des Rennens mit dem Schrittmacher schreiben.

Viele Grüße,
Alex

p.s. Bei Fragen, gern fragen :)
 

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Re: Meine Reise als Radsportler bei Steherrennen und Jedermannrennen
Hilfreichster Beitrag geschrieben von Bianchi-Hilde

Hilfreich
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Sehr schön. @Bianchi-Hilde hat glaub ich mal gesagt, dass die Maschinen in Bielefeld die ehemaligen Wiener Steher sind. Die hat die Stadt Wien während des Dusika Umbaus in den 90ern einfach verkauft.

Sonst weiß ich von dem Sport nur, dass es schnell ist und am Schluß Königshofer/Igl gewinnen. Leider konnte ich noch nie ein Rennen sehen...
 
Hier in Nürnberg war jahrerlang Mittwochs Steherrennen auf einer der schnellsten 400m Beton Bahn. Doch leider wurde hier die Bahn so vernachlässigt das es an Schluss nicht mehr verantwortlich war hier noch zu Fahren. So wurde die Bahn samt Gelände verkauft und eine Radsporthalle an andere Stelle geplant. So weit ich weiß wurde dies Planung aber nun auch wegen zu hohen Kosten gestrichen was das endgültige Aus für den Steher.- und Bahnradsport hier in der Region bedeutet.
 
Interessanter Themeneinstieg, @Giant TCR Fahrer! Gefällt mir!
Bei allem Interesse für den Radsport sind die "Steherrennen" für mich etwas Exotisches. Da fehlen mir selbst die Grundkenntnisse. Also nur raus damit. Stinkt es nicht fürchterlich hinter den Motorrädern? Wie funktioniert die Kommunikation zwischen Motorrad und Radsportler während des Rennens? Wie sind die Renndauern? Wie muss man sich spezifisches Stehertraining vorstellen? Ähnlich wie bei Zeitfahrern? Es kommt ja auf eine hohe Dauerleistung an, vermute ich.

 
Renndauer war hier in Nbg bei normalen Vorrundenrennen 40 Minuten und im Final dann 60 Minuten. Die Kommunikation läuft normal über sehr kurze Kommandos für schneller und langsamer von Radfahrer aus. Wie du im Video sehen kannst hat der Helm des Schrittmachers so schwarze Ohren diese sind nach hinten offen damit er was hören kann. Aber normal sind die Gespanne ein eingespieltes Team und der Schrittmacher weiß sehr gut was er seinen Fahrer zumuten kann.
 
Wie so oft, so gilt es auch hier, sich den Blick nicht durch allzu viel Spezielles verstellen zu lassen (besser: sich selbst zu verstellen). Zu den Fragen im Einzelnen:
...Stinkt es nicht fürchterlich hinter den Motorrädern?
Nach meinem Kenntnisstand wird ein Gemisch gefahren, daß Hauptsächlich aus Alkohol besteht. Kannst du das bestätigen, Giant TCR Fahrer?
Wie funktioniert die Kommunikation zwischen Motorrad und Radsportler während des Rennens? Wie sind die Renndauern?
Wurde bereits beantwortet.
Wie muss man sich spezifisches Stehertraining vorstellen? Ähnlich wie bei Zeitfahrern?
Hier kommen wir an den Punkt, auf den meine Vorbemerkung abzielte. Man könnte sich die Angelegenheit ja so vorstellen, daß es eine Art Zeitfahren mit gleichzeitigem Start ist. Tatsächlich ist es das aber eben überhaupt nicht. Immer dann, wenn Fahrer nicht zeitversetzt ihr Rennen fahren, sondern gleichzeitig auf der Straße oder Bahn sind, typische strategisch/taktische Schritte Einzug erhalten. Das ist bspw. schon in der klassischen Disziplin "für Zeitfahrspezialisten", der 4000-m- Verfolgung der Fall, und zwar sowohl im Einer- wie im Mannschaftswettbewerb. So kommt dort bspw. häufig die sog. "shock-and-awe"-Strategie zum Einsatz, bei der man den Gegner durch einen schnellen Start demoralisiert und für den Rest der Renndauer "auf Trab hält", so daß er ständig in der Defensive ist, mit entsprechenden Auswirkungen in Bezug auf das Pacing, Fehlerhäufigkeit usw.
Ähnlich ist es im Crosssport, wo bekanntlich der Windschatten kaum eine derartige Rolle wie im Straßen- und Bahnrennsport spielt. Auch da könnte man nun sagen "Gut, dann fahre ich im Zeitfahrmodus vorne vorweg oder weiter hinten, mit gutem Pacing erreiche ich dann ja wohl eine leistungsgerechte Platzierung!"

Pustekuchen! Funktioniert überhaupt nicht. Stattdessen versuchst du, vor technisch schwierigen Passagen, die deinen Stärken entgegenkommen (z.B. Laufpassagen, tiefer Schlamm, Sand, Anstiege, schwierige Kurven...), an die Spitze zu gehen und die anderen zu Fehlern zu zwingen.

Schlamm usw. gibt es nun auf der Radrennbahn, wo die Steher fahren, seltener. Das Prinzip ist dennoch das gleiche: da alle ausreichend Windschatten haben, muß man durch Strategien wie "Schnellstart", "Überraschungsangriff", "Zermürbungsstrategie" usw. versuchen, die Schwächen des Gegners auszuloten, ihn zu Fehlern wie Überschätzung seiner Ausdauer usw. zu verleiten.

Ich denke mal, die Details dazu überlasse ich dem Giant TCR Fahrer.
Es kommt ja auf eine hohe Dauerleistung an, vermute ich.
Daß das nicht annähernd ausreichend ist, sollte somit klar sein.

Hier treiben sich ja viele rum, die seit der Jugend oder seit ihrem Wieder- oder Quereinstieg in den Radsport auf die Gleichmäßige Ausdauerleistung setzen, weil es ihnen für das andere (das aber im Radsport als Vielseitigkeits-Sport das Wesentliche ausmacht): die Spritzigkeit, die Angriffslust, die Risikobereitschaft (nicht, zu stürzen, sondern z.B. "einzugehen" bei einer Attacke) usw. fehlt. (Als ich noch etwas direkter schrieb, habe ich sowas auch schonmal gerne mit "Leute, in deren Adern Magermilch statt Blut fließt" - "Adrenalin-Verweigerer" usw. bezeichnet, aber wir wollen ja friedlich bleiben.)
 
Die Radler sitzen ja noch recht aufrecht, bringt es dort, trotz Windschatten, nicht trotzdem noch was, sich noch kleiner zu machen? Oder gibt es da Grenzen vom Reglement?
 
Die Radler sitzen ja noch recht aufrecht, bringt es dort, trotz Windschatten, nicht trotzdem noch was, sich noch kleiner zu machen? Oder gibt es da Grenzen vom Reglement?
Auch das läßt sich aus dem Wesen der Sache erklären:

Beim "schnell-bis-sehr schnell"- und "fürchterlich schnell"-Fahren, also bspw. bei schnellen, flachen Zeitfahren kommt stets eine Abwägung zum Zuge, die den Zeitfahrern (also z.B. dir) wohlbekannt ist: Minimierung des LuWi vs. Verschlechterung der Atmung! Fällt dieses Kalkül weg, wie etwa am Berg, aber eben auch beim Steherrennen, fährt man entsprechend aufrechter.

Man muß sich ja klarmachen, daß das Ganze hinter Motoren eben tatsächlich in Richtung Windstille geht. Wenn Leute, die in einem Einzelzeitfahren vielleicht mal gerade auf knapp über 40 km/h kämen, dort plötzlich eine Std. lang einen Schnitt von 70 schaffen, geht das nur über eine dramatische Absenkung des Luftwiderstandes. Der Stundenweltrekord beim Steherrennen steht übrigens immer noch bei über 100 km/h!
 

Stimmts du kennst dich eigentlich null mit dem Sport aus schreibst aber sehr gern?

Das bei den Rennen andere Sprit gefahren wird liegt da wohl an den Motoren die Verwendung finden. Hier in Nürnberg wurde mit ganz normalen Sprit aus der Tanke die neben der Rennbahn stand gefahren.
Das der Stundenrekord immer noch bei etwas über 100km/h liegt hat einen einfachen Grund. Es gibt einfach keine Bahn mehr die so gebaut ist das man da noch diese Geschwindigkeit erreichen kann. Dazu muß diese 400m Lang sein mit sehr viel Überhöhung in den Steilkurven. So was gab es eigentlich nur hier in Nürnberg. In Bielefeld sind die Kurven zwar auch noch sehr steil aber sie ist etwas zu kurz so kommt man dort nicht auf diese hohen Geschwindigkeiten
 
Wie sind die Schwestern?
Im Bereich der Orthopädie haben wir einen Mangel an Fähigkeiten und Fertigkeiten in der manuellen Therapie wie auch allgemein in der konservativen Orthopädie zu tun. Die chirurgische Orthopädie verdrängt sie.

Verallgemeinert man dies, wird auch bei den Schwestern eine Tendenz zu beklagen sein, weniger Hand anzulegen...
 
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