Bei den Sechstagerennen des 20. Jahrhunderts (zu den heutigen kann ich nichts sagen) ging es um zwei Aspekte, wenn der Ablauf und/oder das Ergebnis "verändert" wurde. Bevor man allerdings darüber sprechen kann, muß man erstmal klären,
Was – im Vergleich
Womit – verändert wurde.
Sechstagerennen sind Veranstaltungen, bei denen die Sponsoren nicht in erster Linie einzelne Mannschaften unterstützen, sondern den Veranstalter. Praktisch heißt das: Die Erwartungen des Publikums sollen weitestgehend erfüllt werden, damit sie wiederkommen. Gegenüber dem "natürlichen, sportlichen Verlauf" werden deshalb in erster Linie drei Dinge verändert:
- Die Mannschaft des lokalen Favoriten (in Dortmund die Mannschaft in den schwarzen Trikots mit der Nummer 9) soll möglichst gewinnen, zumindest aber auf dem Podium landen.
- Der Schwerpunkt soll bei den Rundengewinnen liegen, weil es für den Zuschauer nicht sehr gut nachvollziehbar ist, wer wie in den Wertungen abschneidet. Auf eine kurze Formel haben die Fahrer das damals gebracht, indem sie sagten: "Bei den Amateuren werden Runden verloren, bei den Profis werden Runden gewonnen." Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß jede Mannschaft, die sich an die Spitze setzen möchte oder vorne landen möchte, das durch eigene Rundengewinne versuchen sollte, und nicht durch die Verhinderung von Rundengewinnen anderer Mannschaften. Im Ergebnis liegen dann oft bis zu 5 Mannschaften am Ende einer "Jagd" in der "Nullrunde", obwohl sie alle jeweils zwei Rundengewinne gemacht haben.
- Im Interesse der Nachvollziehbarkeit soll es deshalb – zumindest in der letzten Nacht – nicht passieren, daß eine andere Mannschaft als die, die am Ende als 1. über den Strich fährt, Sieger wird. Wir kennen alle die Situation bei nationalen Rennen oder auch bei Weltmeisterschaften, wo am Ende bspw. eines Punktefahrens irgendjemand hinten im Feld, womöglich an letzter Stelle fahrend, die Arme hochreißt und die Kamera auch auf ihn geht, statt auf die, die als erste über den Strich fuhren.
Solche Situationen möchte man vermeiden.
Um solche Dinge zu regeln gab es zwei "Institutionen": Die Fahrerbesprechung und den "Boss auf der Bahn". Dort werden dann Dinge besprochen wie z.B., daß sich ein hochfavorisiertes Team ein wenig zurückhalten sollte, um das "Heim-Favoriten-Team" nicht in den Schatten zu stellen, daß bestimmte Teams sich mehr engagieren sollen, damit das Rennen spannend bleibt usw. usf. Umgesetzt wird dies, wenn überhaupt notwendig, durch den "Boss".
Bei vielen Rennen wird allerdings die Rolle des Boss mißbraucht, um den Verlauf und die Ergebnisse langfristig zu manipulieren. In diesem Zusammenhang wird oft der Name "Rudi Altig" genannt. Ihm wird häufig unterstellt, vor allem junge Mannschaften "am Siegen gehindert" zu haben, was wohl auch zutreffend ist. Andere Fahrer haben sich aber in der Rolle des "Boss" stets korrekt verhalten, wie etwa der Belgier Patrick Sercu.
Es verwundet nicht, daß in diesem Kontext natürlich auch die Steher-Rennen "manipuliert" wurden. Aber auch hier müssen die wenigen wirklichen "Fälle" von der Masse der Legenden, Geschichtchen und Märchen getrennt werden.
Oft ist in dem Zusammenhang von einer "Schrittmacher-Mafia" die Rede. Zwei Behauptungen sind allerdings in dem Zusammenhang falsch: Zum einen die, sowas habe es nie gegeben, zum anderen die, alles sei "Schmuh", "Betrug" usw. gewesen.