Na, es funktioniert natürlich und fährt sich oft sogar besser, als ein echtes Gravelbike mit seinen überbreiten
Reifen, der überträgen Motorradgeometrie und der überbreiten Fußstellung (wieder wegen der überbreiten
Reifen im überbreiten Hinterbau).
Zum Ausprobieren und wahrscheinlich sogar liebgewinnen denke ich in etwa:
- 35er Reifen mit gescheitem Profil reichen eigentlich für so ziemlich alles, passen in viele ältere Rennradrahmen und sogar noch durch die meisten Mittelzugbremsen.
- Der Versuchsträger braucht also nicht unbedingt Cantisockel und muss auch kein echter Tourer sein.
- Reifenfreiheit ist nicht unbedingt das große Argument, wenn man nicht ständig im Matsch oder Schnee fahren will. Trocken reichen auch wenige Millimeter.
- Schlauchreifen sind durchaus eine Überlegung wert, wenn man nicht ohne Ersatzreifen ewig weit reisen und eher mal kurz um die Ecken fetzen will. Richtige Crossreifen mit wenig Luftdruck "können" einfach mehr, als normale Reifen auf Felgen mit Hörnern, dabei ist tubeless oder nicht sogar relativ egal. Die Felgen halten bei Durchschlägen auch mehr aus.
- "Normale Rennräder" mit eher steilem Lenkwinkel fahren sich beim langsamen Rumstochern auf Fußwegen unter Umständen sogar besser, als moderne Highspeedbomber mit flachem Lenkwinkel und langem Nachlauf. Die müssen wirklich schon schnell sein, um davon einen Vorteil (bzw. keinen Nachteil) zu haben.
- Ein Rahmen mit 130 mm Einbaubreite ist vorteilhaft, weil dann moderne Naben für bis zu 11 Ritzel reinpassen.
- Dafür kann man dann vorne mit einem Kettenblatt auskommen.
- Sitzt das Einzelblatt an einer klassischen Kurbel in der Außenposition, kann die mit einem sehr kurzen Lager so weit nach innen rücken, dass ein Q-Faktor unter 140 mm erreicht werden kann. Manchmal muss man dann die Füßchen fürs kleine Blatt absägen, damit die Kurbel noch an der Kettenstrebe vorbeipasst, aber: Durch die sehr enge Kurbelstellung kann man den Nachteil eines tiefliegenden Tretlagers = Pedalaufsetzer bei Kurvenfahrt recht gut ausgleichen. Also wieder ein Pluspunkt für den alten Renner anstelle des mittelalten Trekkingrads als Basis.
- Und die Bremsen, nunja. Was Cantis wirklich "können", erreichen viele Mittelzugbremsen zumindest fast - und plötzliches Anhalten oder riskantes Zusammenbremsen aus hoher Geschwindigkeit im letzten Moment vor Kurven sind jetzt nicht sooo die Argumente bei einem Feldwegrad. Da reicht es eigentlich, wenn man einigermaßen zuverlässig dosieren kann. Wenn Cantisockel am Rahmen sind, würde ich an einem historisch sowieso unkorrekten Rad aber direkt Mini-Vs verwenden. Die können dann wirklich alles besser.
- Schalten muss man auf Freizeittouren nicht unbedingt am Bremshebel, will es aber auf der Rüttelpiste auch nicht am Unterrohr tun. Ein einzelner Lenkerendhebel ist da eine sinnvolle Lösung. Und billig. Und leicht.
- Übersetzung: Klassische Rennradschaltwerke schaffen oft auch 34er Ritzel, wenn nur ein Kettenblatt verwendet wird und der Rahmen einen relativ großen Abstand zwischen Achsmitte und Schaltauge hat oder zulässt (lange Ausfallenden ohne Stellschrauben, Rad ganz hinten). 42 - 11-34, 10- oder 11-fach ist auf der Waldautobahn und auch auf der Straße eine feine Sache und hört an Steigungen ziemlich genau dort auf, wo man zu Fuß schon genauso schnell ist (und sicherer vorankommt). Dann sollte man meiner Meinung nach sowieso nicht mehr fahren wollen.
- Der Versuchsträger sollte optisch möglichst abgeritten sein, damit man sich nicht so ärgert. Dann schmerzt auch der Totalverlust nicht so, wenn man Gefallen an der Sache findet und sich im Rausch der fliegenden Kiesel mal überschätzt.
Meine drei Bastelbeiträge zur Gravelmode:
https://www.rennrad-news.de/forum/threads/rote-ratte-reaktiviert.148757/https://www.rennrad-news.de/forum/threads/graveln-macht-das-wirklich-spaß.172309/page-7#post-4877872