moin, die herren mitschreiber.
wenn ich ein paar laufende fäden der letzten tage betrachte, dann denke ich es wäre vielleicht mal zeit für einen philosopher & pragmatiker gedanken-faden.
da werden komponenten kriterisch sortiert/gesammelt/montiert, es wird am lack gepuhlt, geschliffen, gebeizt, getupft. welche grundierung kommt denn da zu tage ?
was bringt euch dazu an dem alten kram herum zu machen ?
ich fang mal einfach an:
eigentlich wollte ich ja nur ein bischen radfahren. die umständen im allgemeinen und speziellen ergaben, daß im hause für mein ansinnen lediglich ein fast 25 jahre altes rennrad als letzter fahrbereiter vertreter seiner spezies, dem véloziped, zur verfügung stand.
also begann ich meine leibesertüchtigungsübungen zwangsläufig damit ohne besondere gedanken zu verschwenden, außer ob die
reifen einigermaßen luft hatten und ob die kette nicht allzu eingerostet ist.
das hat funktioniert. es dauerte eine weile bis ich feststellte, daß heutzutage rennräder äußerlich etwas anders daherkommen. mein wissensstand zum thema begann und endete im wesentlichen mit eddy merckx und der damlas üblichen form von rennvélos welcher das meinige entsprach.
als mein aktionsradius dann maße annahm welche einen besuch eines biergartens als rast rechtfertigten kam mir, als frischgebackenem besitzer meiner ersten radhose, die bekannten fragen entgegen: "stahl !? kann man das noch fahren, die werden doch weich" und "ach herrje, klebereifen - das fährt man ja gar nicht mehr". damals konnte ich mit einem präzisen "hmmm" kontern. ist das nicht normal ?
es war mir eigentlich wurscht. ich wollte radfahren und spätestens nach einer woche wußte ich (keuchend und dampfend) ich wollte fortan nur noch rennrad fahren und das ging mit dem teil für meine zwecke ganz hervorragend. zudem sah es gut aus - das rennrad - eigentlich sogar ganz gut, sehr gut, in wirklichkeit einfach nur geil.
mittlerweile fahre eine weile, die distanzen zu den biergärten haben sich vervielfacht, eigentlich bleibe ich dort gar nicht mehr oft stehen. faahn faahn faahn. und keine sprüche mehr zu weichen stahlrahmen und absurden klebereifen. besser so. ich würde heute wortgewaltig kontern.
natürlich, als bewegungssuchender und technisch interessierter mensch, habe ich gebastelt, probiert, getauscht, mich schlau gelesen und an übungsobjekten die fatalen do-it-yourself fehler ausgiebig erprobt, so manches geschrottet (aber nie an meinem erstrad, nur an dedizierten versuchskarnickeln). ich habe gelernt daß klebereifen schlauchreifen oder boyaux heißen, habe mir die finger in clincherfelgen geklemmt. natürlich habe ich mir auch irgendwann ein alurad mit carbon gabel und ergo-geschalteten zehngang antrieb angeschafft. erst eines für den acker, dann noch eines für die straße, denn irgendwann wollte ich die gemufften stahlrahmen nicht mehr durchs streusalz fahren. jetzt war ich bei den vintage-liebhabern, eigentlich lieber: vintage-fahrern angekommen.
"ah, haste dir endlich ein neues rad zugelegt, war ja zeit"
"ist mein winterrad"
"..... ein ******* als winterrad ???????? du hast doch genug alte räder ...."
ja. was wollte ich eigentlich sagen.
ach ja, warum, wieso die alten räder ?
zum fahren halt. zum spaß haben am fahren. zur freude am geschmeide beim schrauben, zur freude fürs auge beim blitzen der blanken speichen in der sonne, zur freude des unwiederbringbaren charmes des alten lackes !
und warum gerade ein ******* oder ein ***** und warum gerade mit C und mit S und warum stellst du deine lenkerenden nie paralell zum oberrohr ?
gelegenheit macht liebe, fahren macht leidenschaft und die schrägen lenkerenden passen mir besser in die hände. von den langen leinen und rausgezogenen sattelstützen will ich nicht reden.
ja gut. ihr ahnt es. alle meine räder müssen (dürfen) fahren. ich hab freude an den alten und an den neuen. kann mal vorkommen, daß eines eher dekorativ an der wand hängt, aber nur wenn es absehbar ist, daß in der nächsten zeit keine möglichkeit besteht es zu fahren.
mein interesse am objekt ist nicht, was isses wert, wie sah es aus als es neu war, wie war das im katalog, was hat es gekostet.
vielmehr: wie fühlt es sich an, wie geht es um die ecke, natürlich auch wie sieht es aus und auch wie war das damals.
meine gedanken an die historie eines rades befassen sich vielmehr damit, wofür wurde es gebaut, was hat man daran verändert, vielleicht in welchem zeitfenster, wieso und wozu. und für mich ist es wichtig, daß es insgesamt in einer zeitlinie bleibt, stimmig ist ohne mit irgendeiner vorlage stimmig zu sein. daß es klar ist, daß es mein rad ist, daß ich keine rahmennummer brauche um es zu erkennen. letztlich ein stück von mir, denn wenn ich fahre will ich eins damit sein.
das wort "sport" erscheint mir etwas groß, aber letztlich ist es wohl doch sport den ich damit betreibe.
physisch wie psychisch.
und da gerade das letztere gerne mal wexelt ist es mir wurscht ob ich auf einem alten hobel aus den 70rn fahre oder auf einer blechbüxe aus den 10rn (irgendwann werde ich auch einen yogurtbecher treten). ich lege es nicht drauf an, aber ich hinterlasse natürlich auf allen rädern meine spuren, ich schreibe ihre geschichte fort.
"der lackabplatzer am auslaßende ? hoho, da hab ich mich in massenbuch auf die fresse gelegt ;-)"
in diesem sinne. seid nett zu euren rädern, achtet und respektiert sie, und vor allem bewegt sie artgerecht.
und schreibt hier noch ein bischen was rein was euch so antreibt eure finger dreckig zu machen, eure brieftaschen zu leeren.
avec plaisire,
klaus ;-)