NoName
Heute stelle ich euch eines meiner Lieblingsräder vor, ich nenne es NoName.
Ich hätte es auch Rumpelstilzchen nennen können (
Heute back' ich, morgen brau' ich, übermorgen hol' ich der Königin ihr Kind; ach, wie gut, dass niemand weiß, das ich Rumpelstilzchen heiß!).
Oder ich hätte es Kaspar Hauser nennen können (
Das Kind ist schon getauft Sie Heißt Kasper ein Schreibname misen Sie im Selber geben das Kind möchten Sie auf zihen.)
In der Tat weiß ich weder Fabrikat noch Modellname.
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Decals hat das Fahrrad nicht und der Verkäufer konnte mir auch nicht erzählen, was für ein Fahrrad es ist; er war nicht der Erstbesitzer. Ich versuchte anhand bestimmter Merkmale den Hersteller einzukreisen, aber erfolglos. Nun schicke ich NoName in den Concours d’Élégance und hoffe zugleich, dass das weit bewanderte Auditorium Licht in die Abstammung bringen könne.
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Ich hatte NoName als defekt erworben: der rechte Schalthebel war abgeschlagen, die rechte Pedale fehlte, das Schaltwerk war beschädigt und das Hinterrad hatte einen Achter – nein, es war regelrecht abgeknickt.
Der Verkäufer erzählte mir, es wäre „etwas Schweres“ aus dem Regal in der Garage heruntergefallen und hatte in einem Streifschuss das Fahrrad erwischt. Jahrelang hatte er es in der Garage stehen lassen mit dem Vorsatz, es zu reparieren. Nun war er es leid und wollte es für wenig Geld verkaufen.
Ich habe es mit vergleichsweise geringem Aufwand wieder hergerichtet.
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Die bestehende Technik ist weitgehend
Shimano 105: das Schaltwerk samt Ritzelpaket, der Umwerfer, der Steuersatz, die Naben, die
Bremsen. Die Pedale sind
Shimano SP100, die Pedalhaken von Christophe. Die Kurbeln sind
Shimano Biopace.
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Das Schaltwerk habe ich durch ein baugleiches ersetzen können.
Neu an dem Rad sind die Verschleißteile:
Reifen,
Schläuche, Bremsschuhe, Kette.
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Die Gabel ist voll verchromt, aber auch die Gabelkrone trägt keinen Namen oder ein Symbol.
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Der hintere Bremszug verläuft im Oberrohr. Dies lässt darauf schließen, dass beim Rahmenbau doch etwas Aufwand getrieben wurde. Dafür sprechen auch die zwar schlichten Muffen, die aber (wie die Gabelkrone) Fenster besitzen zur besseren Hitzeverteilung beim Löten.
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Die
Felgen sind das Modell 190 H von
Mavic Rimtec. Auch die stark verbogene Hinterradfelge konnte ich durch eine baugleiche ersetzen.
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Der Lenker stammt von 3ttt. Der
Sattel ist das Modell LASER von Selle San Marco, Die Sattelstütze hat einen Außendurchmesser von 27 mm, das Stützrohr hat 1 mm Wandstärke.
Einzig zwei Zahlen im Kurbelgehäuse lassen einen Rückschluss auf den Aufbau des Rads zu:
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Die 57 steht wohl für die Rahmenhöhe und die 501 wohl für den Rohrsatz. Das Rad wiegt komplett ausgestattet 10,4 kg.
Durch Öffnungen im Tretlagergehäuse erkennt man ein Patronenlager. Die Lagerschalen tragen den Schriftzug „Japan“.
Mit Noname habe ich etliche Exkursionen gemacht; es hat sich stets als zuverlässig und angenehm zu fahren erwiesen. Und so bin ich doch froh das Rad weder Rumpelstilzchen noch Kaspar Hauser genannt zu haben, denn diese nahmen ein tragisches Ende.
Rumpelstilzchen starb an seinem Zorn
(„Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt! schrie das Männlein und stieß den rechten Fuß so stark gegen die Erde, dass er bis an den Leib hineinfuhr. Dann packte es in seiner Wut den linken Fuß mit beiden Händen und riss sich selbst mitten entzwei.).
Kaspar Hauser wurde niedergestochen oder hat sich selbst verletzt. (
HIC OCCULTUS OCCULTO OCCISUS EST XIV. DEC. MDCCCXXXIII - Hier wurde ein Geheimnisvoller auf geheimnisvolle Weise getötet 14. Dez. 1833.)