Knobi
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Gewinde im Klemmbereich
Meiner Meinung liegt ist bei allen Systemen außer Hollowtech 2/GXP einen unnötige Fehlerquelle darin, die Kurbeln auf der Welle mit simplen Schrauben zu sichern, die in der Welle ein Gewinde benötigen: Das Gewinde sitzt wiederum im ohnehin schon hochbelasteten Bereich (Querschnittssprung) und erzeugt dort eine (weitere) Kerbwirkung, die Schraube belastet anschließend den dünnsten Wellenabschnitt auf Zug.
Sinnvoller und wiederum "richtig" wäre stattdessen eine gewindelose Hohlwelle mit einem durchgesteckten Stehbolzen, der auf der anderen Seite eine Mutter bekommt und im Mittelteil als Dehnschraube ausgeführt ist: gewissermaßen ein Schnellspanner für Kurbeln.
Die Welle müsste damit keine zusätzliche Kerbwirkung und genau dort auch keine Zugkraft ertragen, sondern wäre viel einfacher zu fertigen und würde durch den Bolzen sogar vorgespannt = belastbarer, wenn auch nur in geringem Maße.
Nachteil wäre der zusätzliche Fertigungsaufwand für den Bolzen - der aber andererseits nicht wesentlich höher sein kann, als bei zwei Schrauben.
Solche Umsetzungen kenne ich von Smolik, der sich dabei wiederum auf irgendeinen anderen Hersteller bezog (Omas? Weiß ich nicht mehr). Gebaut wurde das also, nur durchgesetzt hat es sich wieder nicht.
Steifigkeit
Bei der Biegesteifigkeit gehe ich getrost davon aus, dass kein handeslüblicher Normalradler eine Vierkantwelle aus ordentlichem Stahl im Fahrbetrieb zu Verwindungen bringen kann, die er wirklich spürt. Wenn, dann spürt man eher eine vergleichsweise "weiche" Kurbel, aber auch die geht meistens in der Verwindung des Gesamtsystems unter.
Trotzdem habe ich mich vor einiger Zeit gewundert, wie groß die rechnerischen Steifigkeitsunterschiede der verschiedenen Systeme dann doch sind und war bis dahin davon ausgegangen, dass eine volle oder relativ dickwandige Vierkantwelle mit den meisten neueren Systemen mit dickeren, aber auch dünnwandigeren Wellen aus ggf. weicherem Material in etwa gleichauf liegt. Das stimmt aber nicht und jeder darf es gern selbst prüfen, gleich online ohne das lästige alte Tabellenbuch:
https://www.online-berechnung.at/widerstandsmoment-traegheitsmoment.html
Vierkantwelle: Grunddurchmesser 16 mm, hohlgebort ggf. 7 mm (alle Werte gerundet)
Octalink/ISIS: 22 x 14 mm = dreifache Biegesteifigkeit bei gleichem Material
Hollowtech 2/GXP/Ultra-Toque: 22 oder 24 mm bei verschiedenen Wandstärken = bis zu vierfache Biegesteifigkeit
Eine 22-mm-Hohlwelle müsste lediglich 1 mm Wandstärke haben, um bei gleichem Material die gleiche Biege- und Torsionssteifigkeit einer Vierkantwelle zu erreichen.
Es stimmt also wirklich, dass die neueren Systeme mit den "fetten" Wellen steifer UND leichter sind.
Die konstruktiven Nachteile gegenüber dem simplen Rundkegel haben aber alle außer Hollowtech 2 mit dem Vierkant gemeinsam: Höherer Fertigungsaufwand, Querschnittssprünge, Kerbwirkung.
Einige Konzepte fügen dem sogar weitere Nachteile hinzu.
Raumbedarf im Kurbelauge und "fette" Kurbeln
Es stimmt eigentlich nicht, dass die neueren Konzepte zwingend deutlich massivere Kurbelaugen brauchen.
Der Sprung vom 16-mm-Vierkant, der wegen siner unvermeidlichen Spannungsspitzen relativ viel (und hochwertiges) Material im Kurbelauge braucht, zum 22-mm-Octalink, bei dem die Kurbel den Übergangsbereich ebenfalls abstützt, oder 22-mm-Isis mit riesiger Kontaktfläche ist nicht so groß, dass man ihn in jedem Fall deutlich sehen müsste oder keine schlanken Kurbeln dafür konstruieren könnte, siehe z.B. Middleburn RO2. Vermutlich müssen es nicht mal die 3 mm zusätzliche Wandstärke sein, die wir jetzt erstmal vermuten.
Neuere Kurbeln sind aus ganz anderen Gründen optisch so "fett":
Sie sind nämlich meistens innen hohl und dadurch wiederum leichter bei gleichzeitig höherer Steifigkeit.
Dura Ace 9000 und Cannondale Si/SL beweisen das eindrucksvoll mit Systemgewichten, die von den meisten Carbonkurbeln nicht erreicht werden (Kurbeln + Kettenblätter + Welle + Lager um die 600 g bzw. deutlich darunter).
Das schafft die Herse auch nicht mit Titanwelle; mit dem bekannten SKF-Lager und zwei normalgroßen Kettenblättern liegt sie bei etwa 770 g.
Der "Hollowtech-2-Standard" mit seiner dicken, aber dünnwandigen Welle, die auf einer Seite fest in der Kurbel sitzt und auf der anderen nur eine feine Verzahnung hat (wieder: nicht haben müsste) und den außenliegenden Lagern (hohe Stützbreite, große bzw. viele Kugeln) ist eigentlich ein Fortschritt ohne Reue, denn diese Systeme sind leichter und stabiler als alle anderen, die noch irgendwie mit Gewindegehäusen am Rahmen zurechtkommen müssen.
Nachteil ist eigentlich nur die fehlende Anpassungsmöglichkeit, wenn man damit etwas tun will, was der hersteller nicht eingeplant hatte. Mehr als 2-3 mm Breiten- und Versatzausgleich gehen da nicht, und schmaler kann man überhaupt nicht werden.
Die große Frage dabei ist und bleibt natürlich, wer das wirklich braucht, bzw. schöner findet und haben will.
Über den Wellendurchmesser würde ich jetzt zur Kugelgröße kommen und auf verschiedene Bauweisen der Lager selbst eingehen, werde aber langsam müde und soll/darf eigentlich schon eine Weile nicht mehr stehen (Rückenoperation vor ein paar Tagen, auch deshalb wollte ich hier eigentlich nicht so ausufern).
Stück für Stück gern mehr, gern zur angeregten Diskussion und gern ananderer Stelle im Forum.
Meiner Meinung liegt ist bei allen Systemen außer Hollowtech 2/GXP einen unnötige Fehlerquelle darin, die Kurbeln auf der Welle mit simplen Schrauben zu sichern, die in der Welle ein Gewinde benötigen: Das Gewinde sitzt wiederum im ohnehin schon hochbelasteten Bereich (Querschnittssprung) und erzeugt dort eine (weitere) Kerbwirkung, die Schraube belastet anschließend den dünnsten Wellenabschnitt auf Zug.
Sinnvoller und wiederum "richtig" wäre stattdessen eine gewindelose Hohlwelle mit einem durchgesteckten Stehbolzen, der auf der anderen Seite eine Mutter bekommt und im Mittelteil als Dehnschraube ausgeführt ist: gewissermaßen ein Schnellspanner für Kurbeln.
Die Welle müsste damit keine zusätzliche Kerbwirkung und genau dort auch keine Zugkraft ertragen, sondern wäre viel einfacher zu fertigen und würde durch den Bolzen sogar vorgespannt = belastbarer, wenn auch nur in geringem Maße.
Nachteil wäre der zusätzliche Fertigungsaufwand für den Bolzen - der aber andererseits nicht wesentlich höher sein kann, als bei zwei Schrauben.
Solche Umsetzungen kenne ich von Smolik, der sich dabei wiederum auf irgendeinen anderen Hersteller bezog (Omas? Weiß ich nicht mehr). Gebaut wurde das also, nur durchgesetzt hat es sich wieder nicht.
Steifigkeit
Bei der Biegesteifigkeit gehe ich getrost davon aus, dass kein handeslüblicher Normalradler eine Vierkantwelle aus ordentlichem Stahl im Fahrbetrieb zu Verwindungen bringen kann, die er wirklich spürt. Wenn, dann spürt man eher eine vergleichsweise "weiche" Kurbel, aber auch die geht meistens in der Verwindung des Gesamtsystems unter.
Trotzdem habe ich mich vor einiger Zeit gewundert, wie groß die rechnerischen Steifigkeitsunterschiede der verschiedenen Systeme dann doch sind und war bis dahin davon ausgegangen, dass eine volle oder relativ dickwandige Vierkantwelle mit den meisten neueren Systemen mit dickeren, aber auch dünnwandigeren Wellen aus ggf. weicherem Material in etwa gleichauf liegt. Das stimmt aber nicht und jeder darf es gern selbst prüfen, gleich online ohne das lästige alte Tabellenbuch:
https://www.online-berechnung.at/widerstandsmoment-traegheitsmoment.html
Vierkantwelle: Grunddurchmesser 16 mm, hohlgebort ggf. 7 mm (alle Werte gerundet)
Octalink/ISIS: 22 x 14 mm = dreifache Biegesteifigkeit bei gleichem Material
Hollowtech 2/GXP/Ultra-Toque: 22 oder 24 mm bei verschiedenen Wandstärken = bis zu vierfache Biegesteifigkeit
Eine 22-mm-Hohlwelle müsste lediglich 1 mm Wandstärke haben, um bei gleichem Material die gleiche Biege- und Torsionssteifigkeit einer Vierkantwelle zu erreichen.
Es stimmt also wirklich, dass die neueren Systeme mit den "fetten" Wellen steifer UND leichter sind.
Die konstruktiven Nachteile gegenüber dem simplen Rundkegel haben aber alle außer Hollowtech 2 mit dem Vierkant gemeinsam: Höherer Fertigungsaufwand, Querschnittssprünge, Kerbwirkung.
Einige Konzepte fügen dem sogar weitere Nachteile hinzu.
Raumbedarf im Kurbelauge und "fette" Kurbeln
Es stimmt eigentlich nicht, dass die neueren Konzepte zwingend deutlich massivere Kurbelaugen brauchen.
Der Sprung vom 16-mm-Vierkant, der wegen siner unvermeidlichen Spannungsspitzen relativ viel (und hochwertiges) Material im Kurbelauge braucht, zum 22-mm-Octalink, bei dem die Kurbel den Übergangsbereich ebenfalls abstützt, oder 22-mm-Isis mit riesiger Kontaktfläche ist nicht so groß, dass man ihn in jedem Fall deutlich sehen müsste oder keine schlanken Kurbeln dafür konstruieren könnte, siehe z.B. Middleburn RO2. Vermutlich müssen es nicht mal die 3 mm zusätzliche Wandstärke sein, die wir jetzt erstmal vermuten.
Neuere Kurbeln sind aus ganz anderen Gründen optisch so "fett":
Sie sind nämlich meistens innen hohl und dadurch wiederum leichter bei gleichzeitig höherer Steifigkeit.
Dura Ace 9000 und Cannondale Si/SL beweisen das eindrucksvoll mit Systemgewichten, die von den meisten Carbonkurbeln nicht erreicht werden (Kurbeln + Kettenblätter + Welle + Lager um die 600 g bzw. deutlich darunter).
Das schafft die Herse auch nicht mit Titanwelle; mit dem bekannten SKF-Lager und zwei normalgroßen Kettenblättern liegt sie bei etwa 770 g.
Der "Hollowtech-2-Standard" mit seiner dicken, aber dünnwandigen Welle, die auf einer Seite fest in der Kurbel sitzt und auf der anderen nur eine feine Verzahnung hat (wieder: nicht haben müsste) und den außenliegenden Lagern (hohe Stützbreite, große bzw. viele Kugeln) ist eigentlich ein Fortschritt ohne Reue, denn diese Systeme sind leichter und stabiler als alle anderen, die noch irgendwie mit Gewindegehäusen am Rahmen zurechtkommen müssen.
Nachteil ist eigentlich nur die fehlende Anpassungsmöglichkeit, wenn man damit etwas tun will, was der hersteller nicht eingeplant hatte. Mehr als 2-3 mm Breiten- und Versatzausgleich gehen da nicht, und schmaler kann man überhaupt nicht werden.
Die große Frage dabei ist und bleibt natürlich, wer das wirklich braucht, bzw. schöner findet und haben will.
Über den Wellendurchmesser würde ich jetzt zur Kugelgröße kommen und auf verschiedene Bauweisen der Lager selbst eingehen, werde aber langsam müde und soll/darf eigentlich schon eine Weile nicht mehr stehen (Rückenoperation vor ein paar Tagen, auch deshalb wollte ich hier eigentlich nicht so ausufern).
Stück für Stück gern mehr, gern zur angeregten Diskussion und gern ananderer Stelle im Forum.
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