So zum Einstimmen mein Bericht von der L'Eroica 2010. Mit normalen Schlauchreifen! Es geht und wie!
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Dies war meine erste L‘ Eroica und ich wusste nicht was mich erwartet und wie ich mit der Strecke und der Naturstrasse zurecht komme. Die 209Km mit 3620 Höhenmetern sind für mich mit meinen 3500 Km in diesem Jahr nicht ohne und gerade in den letztem Monaten bin ich nicht viel auf dem Velo gewesen. Auch war mir nicht klar was ich am Morgen um 5 Uhr anziehen soll, damit es über den Tag nicht zu warm wird. Ich habe mich für ein Funktionsunterhemd, Wolltrikot, Armlinge
Assos Windschutz Jacke und kurze Hose entschieden. Die Beine hatte ich mit einem wärmenden Fluid eingeölt. Und das hat
100% gepasst. Am Start morgen um 5 Uhr war dann die Nervosität aller Teilnehmer zu spüren. Ich bin ca. als 40er losgefahren und habe Stück für Stück die anderen Radfahrer überholt bis ich irgendwann alleine war und immer einem recht schnellen, roten blickenden Licht hinterher gefahren bin, was sich schwer ohne sich zu verausgaben, einholen lies. Ich musste feststellen, das meine Beleuchtung nur 5 m weit leuchtete und ich im Grunde nichts sah. Vor allem im Nebel war ich blind und meine Orientierung war die Straßenmarkierung. An der ersten leichteren Steigung habe ich den das rote Licht eingeholt und Lui kennengelernt. Lui spricht nur italienisch und ich spreche nur deutsch und englisch und ich wollte wissen ob wir noch auch dem richtigen Weg sind und ob er den Weg wissen würde. Leider kamen wir beide nicht weit in unserer Konversation und ich wurde immer unsicherer ob der Weg stimmen würde. Es war einfach niemand anderes zu sehen und auch erwartete ich endlich eine Stempelstation. Die nächste grössere Steig war für Lui zu viel und ich verlor Ihn erstmal und ich fühlte mich etwas verloren in den dunklen Strassen der Toskana. Da war nur noch ich und viele Katzen, die immer genau vor mir die Strassenseite wechslen mussten und meine Gedanken waren bei der Peinlichkeit sich direkt einmal satt verfahren zu haben. In dem Ort Siena kontrollierte ich die Kilometerangabe mit meinem Tacho und war etwas beruhig, da alles übereinstimmte und Lui tauchte auch wieder auf und wir fuhren zusammen in den Sonnenaufgang. Einfach nur traumhaft, diese wunderbare Landschaft zu erleben. Lui konnte gut bergab fahren und wir sind im flotten Tempo über die Pisten gebrettert. Wir waren sozusagen im Rausch der Geschwindigkeit. Und endlich kam die erste Kontrollstelle, wo sich die Strecke zwischen 209km und 135km teilte. Allerdings hatte der Mensch dort den Stempel vergessen!?!
Ich hatte mich mittlerweile auch an die Übersetzung gewöhnt. Ich habe 53/41 mit 14/17/20/24/28. Sonst fahre ich 11-fach und die Sprünge sind doch etwas gewöhnungsbedürftig und ich musste immer viel vorne schalten, weil zwischen 53/20 und 53/24 liegt 41/17.
An der 2.Stempelstelle stellten wir dann fest, dass wir die ersten sind und konnte es fast nicht glauben. Leider konnte Lui mir nicht den langen und sehr schwierigen Anstieg zum Montalcino folgen und ich merke, ich muss meinen Rhythmus fahren. Der Boden war weich, klebrig und schmierig. Kurz vor der Höhe überholten mich 2 sehr schnelle und viel schlankere Rennfahrer und ich versuchte gar nicht mich daran zu hängen. Die waren einfach zu schnell für mich am Berg.
Auf der folgenden langen Abfahrt war ich froh über meine Reifenwahl. Ich hatte mich noch kurz vorher für normale Schlauchreifen entschieden und es machte richtig Spass, es richtig bergab krachen zu lassen.
So fuhr ich gemütlich, aber alleine durch die hügelige Landschaft der Toskana und wurde bei einer Pinkelpause von dem 3. Radler, Reto wie sich später heraus stellte, überholt. Und als ich Ihn unbedingt einholen wollte passierte folgendes. Genau in der Senke einer schönen Schotterabfahrt waren Schafe und drei grosse weisse Hunde im Weg und ich hatte ganz sicher kein Lust deswegen abzubremsen. Die Schafe und zwei Hunde begriffen meine Absicht, nur der dritte Hund schnappte nach meinem Unterarm und erwischte mich. Ich habe leicht den Lenker verrissen und bis durchs Gras gefahren. Der Hund versuchte mich noch einzuholen, aber zum Glück war meine Spurtkraft besser als seine! Zum Glück hatte ich noch Armlinge an und ausser blaue Flecken und Kratzer ist nichts weiter passiert.
An der nächsten Stempelstelle traf ich Reto und wir beschlossen zusammen weiter zu fahren. Reto kommt vom Bodensee und wir hatten genügend Gesprächsstoff.
Leider kamen wir mit anderen Radfahren einer kleinern Runde zusammen und es wurde anstrengend. Es waren sehr viele Radfahrer dicht zusammen und einige konnten weder bergauf noch bergab fahren. Es war also nicht mehr möglich mit Schwung die Berge rauf zu fahren. Stattdessen wurde im Schritttempo versucht die Berge runterzurutschen, was mich extrem anstrengte. Und gefährlich sind die, die ohne zu schauen einfach haken schlagen. Auch das schieben war für die meisten normal, was für mich nie in Frage kommt, da ich bestimmt nicht mit meinen edlen Duegi Schuhen mit Holzsohle, Schotterpisten hoch warte.
Zum Glück traf ich meinen Vater und ich ruhte mich eine halbe Stunde im Auto aus. Was eine Wohltat. Und ausser dem Nacken tat mir nichts weh, aber schmerzte um so mehr. Ich hatte Bedenken wegen den Schuhen mit Haken und Riemen und dem
Sattel. Aber seltsamer Weise war dort alles perfekt. Weder taten die Füsse noch der Hintern weh.
Ich habe mich weiter durch die lustigen Horden von Radfahren durchgeschlängelt. Besonders lustige waren ein Haufen Franzosen im 30er Look mit Gewehren auf dem Rücken und vermutlich viel Chianti im Bauch.
Zwischen Km 140-km170 kam ein Krise und ich bin schön langsam gefahren, damit ich überhaupt ankomme. An der letzten Labestation habe ich mir 3 Espresso gegönnt und etwas gegessen. Dort fiel mir wieder diese Freundlichkeit der Menschen in Italien auf. An der Stempelstation kam mir die Frau entgegen und hat mir meinen Stempel gegeben.
Nachdem sich die Fahrer nach den Runden teilen wurde es wieder sehr ruhig und ich konnte die Landschaft geniessen. Vier Fahrer rauschen an mir vorbei, waren sehr höflich und grüssten. Wir hatten ja schon 180km in den Beinen mit 3000 Höhenmetern und das macht dankbar und demütig. Als fünfter schloss Paolo zu mir auf. Paolo war gesellig und wir beschlossen erst mal zusammen weiter zu fahren und Gespräche zu führen. Ausserdem hatte Paolo keinen Ersatzreifen mehr und ich bot ihm im Falle eines Falles einen
Reifen von mir an. Meine 2
Reifen waren ja zum Glück unberührt geblieben. Die letzten 20 km hatten es echt in sich, es ging nur rauf oder runter, und man konnte sich nicht ausruhen. Und nun holten wir die anderen Fahren wieder alle ein und ließen sie hinter uns. Ich spürte plötzlich wieder viel Kraft und wir gaben einfach alles um möglichst schnell ins Ziel zu kommen.
Und so war ich der Neunte, der den „Arrivo“ Stempel nach 209 Km erhielt.