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Zu einem Drittel lagert das Glykogen ja in der Leber, zu zwei Dritteln in den Muskeln.. Interessant wäre, ob das Glykogen gleichmäßig oder in unterschiedlicher Reihenfolge verheizt und nachgefüllt wird. Also zum Beispiel erst aus den Beinmuskeln, weil die ja auch die Arbeit verrichten, dann wird der Rest des Körpers angezapft. Umgekehrt wird vielleicht die Leber aufgrund der Nähe zum Verdauungstrakt als erstes wieder befüllt.. keine Ahnung, aber würde mich mal interessieren.
Auf solche Fragen gibt es aus naturwissenschaftlicher Sicht immer drei Antworten, die aber in der Regel nicht ausreichen, die ausgeworfene Frage erschöpfend zu beantworten: Gesetz des geringsten Widerstandes, Konzentrationsgradient und Massenwirkungsgesetz.
Das ist natürlich erstmal nur die Grundlage jeglicher Überlegungen in diese Richtung. Außerdem sei vorweg gesagt, daß
@eins4eins doch bitte mal sagen solle, was er eigentlich mit dieser Frage bezweckt. Denn eigentlich ist doch die Frage der Wiederauffüllung von "Speichern" während andauernder täglicher Höchstbelastungen in der Praxis durch das Verhalten der Profis bei mehrtägigen(-wöchigen) Rundfahrten längst geklärt. In der Praxis.
Auf der anderen Seite können wir hier auch kein sportmedizinisches Symposium abhalten.
Meine oben zitierte Antwort ist noch sehr unvollkommen, aber im Hinblick auf ein Ausschlußverfahren "was ist auf jeden Fall Blödsinn" erstaunlich ergiebig. Allerdings fehlen da noch zwei wichtige Ergänzungen:
In der Organischen Chemie kommen nämlich zwei wichtige Dinge hinzu, die dem "(Be-)Folgen" der Gesetze des Konzentrationsgradienten und dem Massenwirkungsgesetz (scheinbar) entgegenwirken und Leben überhaupt erstmal ermöglichen:
- der aktive und passive Transport von Molekülen vom Blut in die Zelle und zwischen Zellen sowie umgekehrt
- die Fähigkeit, die Richtung einer Reaktion umzukehren durch das Wirken entsprechender Enzyme: So kann bspw. die Laktatdehydrogenase in Abhängigkeit vom pH-Wert sowohl die Reduktion von Pyruvat zu Laktat als auch umgekehrt die Oxidation von Laktat zu Pyruvat katalysieren.
Das einzige, was der an den Hintergründen interessierte, im Hinblick auf die zugrundeliegende Biochemie aber nicht interessierte und auch nicht qualifizierte Sportler nun wissen muß, ist folgendes:
Überall dort, wo bestimmte Stoffe für bestimmte Vorgänge benötigt werden, "besorgt" sich der Körper diese aus allen zugänglichen Quellen nach dem Prinzip des geringsten Widerstandes. Dabei fallen Zwischen- oder Endprodukte an, die die betr. chemische Reaktion (in unserem Falle die, die Energie bereitstellt), zum Erliegen bringen würde, die Folge wäre also Leistungsabbruch. Das ist die Hauptaussage des Massenwirkungsgesetzes, wonach Geschwindigkeit und Richtung von reversiblen Reaktionen von der Konzentration von Produkten und Edukten und i.d.R. vom pH-Wert abhängen.
Daraus ergibt sich, daß das System dazu in der Lage sein muß, End-/Zwischen-Produkte laufend abzuführen und den pH-Wert stabil bei dem erforderlichen Wert zu halten. Dazu werden an den Zellmembranen sog. "Transporter" benötigt, die unterschiedlich große Moleküle und Ionen nötigenfalls durch aktiven Transport entgegen dem Konzentrationsgradienten aus der Zelle hinaus oder in die Zelle hinein transportieren können.
Insgesamt bedeutet das: Der Organismus - hier konkret die Muskelzelle - wird sich, wenn mehrere Quellen zur Verfügung stehen, nicht "zuerst" an einer Quelle "bedienen", weil das "vernünftig" ist, bis diese vollständig ausgeschöpft ist. Das zu Verstehen (eigentlich hätte es jedem ja doch in Biochemie einigermaßen kundigen Sportwissenschaftler klar sein müssen, weil er obiges verstanden haben sollte...) war die Voraussetzung, bspw. die irrige Vorstellung zu überwinden, daß ab einer bestimmten Beanspruchung durch überdurchschnittliche Intensität (> GA2-Niveau) der Körper von aerober Energiebereitstellung auf anaerobe "umschaltet" oder (2. Beispiel) von der Fettverbrennung auf Kohlenhydratverbrennung "umschaltet".
Damit sind dann auch "automatisch" Konzepte wie das "Carbo-Loading" oder der Versuch, durch sog. "Fettstoffwechsel-Training" Kohlenhydratreserven zu "schonen" für die Tonne. Dementsprechend gilt das Carbo-Loading mittlerweile als überholt, beim Fettstoffwechseltraining ist die Überwindung falscher Vorstellungen ein wenig komplizierter, aber das gehört eigentlich nicht zum Thema.
Was die Frage vom Teutonen betrifft: Der Muskel wird natürlich das in der Zelle selbst eingelagerte Glykogen zu Glukose ver"wandeln" und dann "verheizen",
sofern er die dazu notwendige enzymatische Ausstattung besitzt und auch tatsächlich Glykogenreserven besitzt. Beides ist nicht zufällig
gleichzeitig bei den Typ 1 und Typ 2a-Fasern der Fall. Entsprechend dem o.g. Prinzip, daß die Reaktionen dem Konzentrationsgradienten in Verbindung mit dem Massenwirkungsgesetz folgen, werden diese Fasern im "Normalzustand" (gleich "anspruchsvolles GA-Training") sowohl Glukose aus dem Blut aufnehmen als auch aus den eigenen Glykogenreserven entnehmen. Die Leber wiederum wird sich bei der Abgabe von Glucose aus abgebautem Glykogen ebenfalls am Konzentrationsgradienten "orientieren". Im großen und ganzen folgen diese Vorgänge also dem Konzentrationsgradienten, so daß auf einen passiven oder gar aktiven Transport verzichtet werden kann. Fette kommen hier selbstverständlich auch zum Einsatz, hierbei spielen Triglyceride eine wichtige Rolle, die sowohl im Blut vorhanden als auch in und zwischen den Muskelzellen eingelagert sind. Das Verhältnis zwischen Fett- und Laktat-Oxidation folgt dabei bspw. auch nicht irgendeinem "vernünftigen" Lagerhausprinzip, sondern den Anforderungen der Geschwindigkeit der Energiebereitstellung.
Letzteres ist der Grund dafür, daß das Laktat die Energiegewinnung aus Fett zurückdrängt, was früher (und tw. heute noch) von den "Fettstoffwechsel-Predigern" als "höchst schädlich" angesehen wurde, aber lediglich das vorgehen eines "vernünftigen" Organismus ist.
Wiederholen wir die übergreifenden Prinzipien:
- Übergeordnet: Prinzip des geringsten Widerstandes, daraus abgeleitet:
- Prinzip des Nicht-Vorhandenseins einer Reihenfolge oder Priorität des Verbrauchs von Reserven: Eine Energie-Reserve wird nicht vollständig verbraucht, bevor die "nächste angezapft" wird.
- Prinzip des Diktats des Konzentrationsgradienten i.V.m. der Aktivität von Transportern und Enzymen.