@timpalim : Die Stadt gehört leider keineswegs den Bürgern - in einer marktkonformen Demokratie kriegt der Souverän so langsam einen preussischen Beigeschmack. Insofern und gerne auch mit Blick auf aktuelle Debatten: Das Wohlergehen welcher Bevölkerung ist gemeint? Da wird in NRW ganz schnell polit. Landschaftspflege draus und Plünderung der Hochburgen des landespolit. Gegners. Die sog. Einwohnerveredelung kann man dann an der Arbeitslosenquote ablesen? Oder doch an Lastenverteilungen, die bekannten Mustern und Gefährlichkeiten für polit. Mehrheiten oder Prozessierfreude folgen?
Auch in Berlin sind dann schnell Sachzwänge ganz alternativlos vor und werden Projekte auch gerne vom Senat an sich gezogen, droht der Pöbel nicht bei den schönen, top-down aufoktroyierten Plänen mitzuziehen.
London, ach ja, da war noch so ein Buch, was ich lesen wollte, das sich mit Gentrifizierung befasste - und zwar von von Sozialbauten, die einstmals verrufen, nun in gute Lage gelangt sind und entsprechende Nachfrage generieren. Die Parallele zur Wiederentdeckung der Ostplatte oder Grausamkeiten wie Kotti-Bebauung sind hierzulande noch nicht in der Breite quantifizierbar, unlängst widmete sich ein RP-Glossenschreiber dem neuen Geschäftsmodell der Immo-Riesen, Jobcenterkunden abzuhalten und so gut Kasse bei erfreulich geringen Investitionen der mangels wohnungsmarktlicher Alternativen erpressbaren Klientel zu machen.
Die Gated Community treibt das, was teilweise hinsichtlich Privatisierung öffentlicher Räume ohnehin schon läuft, im Bereich privaten Wohnens auf die Spitze. Und je mehr die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Anderen einschl. Akzeptanz von Pluralität oben wie unten und in der Mitte in dieser Gesellschaft fehlt, deutet sich ein neues Statussymbol an, was zudem mit Bequemlichkeitsrenditen zu punkten weiß. Bürgerwehren sind ja nun wirklich was für Arme und Leute, die es mit dem Gesetz nicht ganz genau nehmen - nix, woran sich ehrbare Bürger beschmutzen.
Man ist doch gerne unter sich, kein Generve komischer Gestalten (ganz nach Bourdieus Erkenntnissen zur Übersetzung sozialer in räumliche Abstände) und das Leben verschönernder Service. Internet kann hier auch als Sozialisationsort solcher Anspruchshaltungen gesehen werden. Und weniger soziologisch und auf den Wohnungsmarkt bezogen fasst es Brandlhuber:
http://www.architekturclips.de/arno_brandlhuber/
der übrigens auch mal in der taz den letzten Landeswahlkampf in Berlin ganz im Sinne Deiner Aussage kommentierte: Wer kommt in der Inhaltsleere polit. Wohltaatsversprechen vor und wer nicht?
Und in der seit geraumer Zeit laufenden Flucht in Sachwerte als Kapitalanlage könnte sich mit Gated Communities ein Investmentmodell bieten - wenn man vielleicht selbst nicht drin wohnen kann, kann man doch immerhin Knete renditestark anlegen - muß nunmal jeder mit dem Arsch an der Wand lang und obendrein: Pecunia non olet, vor allem als Fondsmodell, was Berater empfehlen.
Wie gesagt, die Stadt als Projekt einer Bürgergesellschaft (die sich nicht über Exklusionen definiert) setzt eben voraus, das ein Interesse an Demokratie und Gesellschaft besteht, was mir mitunter nicht so scheint. Stattdessen eben Kapital und Rendite (droht dem Abendland etwa der Untergang durch Protestantifizierung?). Bleibt man bei den Immobilien, gibt es immer noch, und hoffentlich trotz politischer Gegenwinde, Modelle alternative Aneignung von Räumen. Die traditionelle Genossenschaft, Vereinsmodelle oder Mietshäusersyndikat sowie Bauherrengemeinschaften. Führen aber ein relatives Schattendasein, weil die Meute lieber konsumiert und neben Shoppen und Ficken den Sinn fürs Politische nicht mehr besitzt?
Andere sind da gleichfalls skeptisch:
http://taz.de/Debatte-Demokratie/!5270949/
Insofern bleibt mir nur der Zynismus und durchaus die Erfahrung meiner auch räumlich vom umgebenden Dorf etwas saparierten Groß-WG zu den Annehmlichkeiten geteilter Wellenlänge und Ausschluß so mancher Problemlagen.