Hallo,
keine Ahnung wie das hier im Forum mit Herstellern gehandhabt wird. Ich hoffe es ist erlaubt zu antworten ohne dass dies als Werbung verstanden wird - wenn doch entschuldige ich mich und bitte den Beitrag zu löschen.
Die Rahmen, die ich baue, sind für Einzelkunden. D.h. die Geometrie (Anlötteile, Lackierung etc.) ist auf und mit dem Kunden abgestimmt. Wer sich bei mir einen Rahmen bauen lässt hat viele Einflussmöglichkeiten wie der Rahmen werden soll. Und jeder einzelne Kunde hat sehr unterschiedliche Vorstellungen was z.B. ein Randonneur ist, oder nicht ist.
Ignatz wollte / will ein Rad, das nahe an einem Rennrad angelegt ist aber eben die Möglichkeit bietet auch kleines Gepäck mitzunehmen. Wirklich ausgiebige Touren mit richtig viel Gepäck stehen nicht auf dem Programm.
Gewünscht sind 28er bis 32er
Reifen. In Rahmen und Gabel werden 35er
Reifen bestimmt auch noch reinpassen - allerdings sind die 40mm Gilles Berthoud Bleche nur bis 32 mm "freigegeben"
Entsprechend der oben beschriebenen Charakteristik ist der Hinterbau eher sportlich knapp. Zu beachten ist bei der Bemaßungsskizze, dass die Hinterbaulänge nicht entlang der Kettenstrebe angegeben ist, sondern in der Horizontalen (hat mit meiner Rahmenlehre zu tun). Entlang der Kettenstrebe gemessen wäre es ein 425er Hinterbau - also schon am unteren Limit für Hinterradgepäckträger.
Die Rahmenhöhe lege ich nicht fest - sie ergibt sich aus anderen (meiner Meinung nach wichtigeren) Parametern. Die Tretlagerhöhe wird an Hand der Nutzung und der Kundenwünsche festgelegt - ich bin ein Freund eher niedriger Tretlager. Der Sitzrohrwinkel wird in Hinblick auf
Sattel, Sattelstütze und Sattelrückversatz gewählt. Die Oberrohrhöhe über Gelände / Überstandshöhe wird festgelegt. Bei der Überstandshöhe sind die Wünsche der Kunden extrem unterschiedlich von "rechnerisch am Anschlag" bis 10 cm und mehr Überstandshöhe ist alles dabei. Die Innenbeinlänge messe ich ohne Schuhe. Da ich davon ausgehe, dass Ignatz eher selten lange ohne Schuhe fährt, kann man getrost noch ca. 15 hinzuzählen. Dann ist die Überstandshöhe bei 5 Zentimetern - sollte ausreichen. Die Rahmenhöhe ist also nur ein Resultat aus den vorhergehenden Abstimmungen und hat in meinen Augen nur wenig Aussagekraft.
Da Ignatz Schutzbleche haben will und nicht die kleinsten Füße hat - andere anatomische Verhältnisse werde ich nicht kommentieren ;-) - wurde das Oberrohr etwas länger gewählt. Zusammen mit dem etwas flacheren Steuerrohrwinkel wird dadurch das Vorderrad etwas nach vorne geschoben und Platz für Zehenspitzen und Schutzblech geschaffen. Damit die Sitzposition nicht zu gestreckt ist, wurde ein - für die Rahmengröße - eher kurzer Vorbau gewählt.
Der etwas flachere Steuerrohrwinkel hat den weiteren Vorteil, dass man etwas mehr Gabelvorbiegung realisieren kann, die zum Einen wieder Platz für Zehenspitzen und Schutzbleche schafft und zum Anderen mehr Komfort bringt. Der Nachlauf ist mit 55 mm eher im kurzen Bereich bei Rennrädern.
Ich persönlich halte nicht sehr viel von den, von Jan Heine und anderen propagierten, sehr kurzen Nachläufen bei Randonneuren. Sicher gleicht der kurze Nachlauf die Massenträgheit durch die Lenkertasche etwas aus - aber wird denn das Rad immer mit (schwerer) Lenkertasche gefahren oder ist da meist nur etwas Verpflegung und die Fotoausrüstung drin?! Wenn der Kunde aber eine short-trail Geometrie wünscht mache ich auch das.
Viele Grüße
Ulrich