Fett "will" der Körper nicht hergeben, ...
Glycogen (KHs) auch nicht, ...
... könnte man ja ... den Schluß ziehen, den Körper ... permanent mit ... KHs zu "überschwemmen" ...
Nett gedacht.
Die "Widersprüche" sind allerdings leicht auflösbar:
1. Fett gibt der Körper schon her, aber nur dann, wenn es sinnvoll ist. I.a.W.: es ist für den Körper nur dann sinnvoll, die Fette bereitzustellen, wenn sie auch genutzt werden können. Eine "anaerobe Fettsäureverstoffwechslung" gibt es nun mal nicht. Daher müssen wir, um Fette nutzen zu können, idealerweise komplett im aeroben Lastbereich befindlich sein (die Bestimmung der "aeroben Schwelle" hatte dies zum Ziel, ist aber alles andere als trennscharf). Es gibt natürlich sehr klare Befunde, dass die Fettverstoffwechslung bei steigender Belastungsintensität erst nur relativ zur KH-/Glycogenverstoffwechslung, und bei noch höherer Intensität dann auch absolut absinkt. Als Grund hierfür wurden und werde verschiedene Dinge mehr gemutmasst, so z.B. die Aussage: "Lactat hemmt den Fettstoffwechsel". Vermutlich ist die Sache sogar einfacher: ein hoch belasteter Muskel hat ein hohes lokales Sauerstoffdefizit. Ohne Sauerstoff geht nun mal keine Betaoxidation voran. Wenn wir aber Schwellentraining und VO2max-Training machen und darüber die Muskelkapillarisierung, die Sauerstoffaufnahme und dessen Transport bzw. Wiederabgabe verbessern, dann verschiebt man nicht nur die Schwellenleistung nach oben, sondern auch die Leistung, bei der der Fettstoffwechsel einbricht, wird nach oben verlegt. Ich kann also entweder schneller fahren oder bei gleichem Tempo wesentlich mehr Energie aus der Fettverstoffwechslung schöpfen. Der simple Grund dafür liegt aber nicht im Training des Fettgewebes, sondern in der verbesserten Sauerstoffversorgung der Muskulatur.
2. Glycogen gibt der Körper ziemlich bereitwillig her, denn es ist immerhin die einzige länger funktionierende Energiebereitstellung unter anaerober (Teil)Last. Das bei anaerober Glycolyse entstehende Lactat wird aus der Muskelzelle ausgeschleust und dann entweder durch das Herz oder nach Wiederaufnahme in den Muskel unter Bedingungen geringerer, aerob erbringbarer Last nachverstoffwechselt. Der Glycogenpool beträgt ca. 400-500 g, von denen ca. 250-350 g auf die Muskulatur selbst und ca. 150 g auf die Leber entfallen. Wenn wir den muskulären Pool beim Radfahren zu > 60% mobilisiert haben, dann sind wir "platt". Die daraus erzeugbare mechanische Leistung beträgt: 200 g * 16,8 kJ/g * Wirkungsgrad. Bei einem Wirkungsgrad von 22% sind das 740 kJ oder 205 Wattstunden. Fahre ich also zwei Alpenpässe mit je 1000 Hm Steigung bei einer mittleren Leistung von 260 Watt, dann benötige ich für jeden Pass etwa eine Stunde und darf maximal 40% der Leistung aus Glycogenverstoffwechslung beziehen. Bei längeren Touren entsprechend noch weniger.
Das Überschwemmen mit Zucker und "sich unter den Hahn legen" klappt natürlich ebenso für sich alleine nicht. Damit würde ich selbst einen einzigen scharf gefahrenen Alpenpass nicht überleben, da der Blutzucker (ca. 1 g/l) aus 6 l Plasmavolumen schon nach 1-2 Minuten erschöpft wäre und die Verdauung nicht in der Lage ist, 300 g KH/Zucker in einer Stunde aufzunehmen.
Ergo wird insbesondere auf längeren Touren mit > 1,5-2,5 h Belastungsdauer immer der richtige Energiemix über Erfolg und Mißerfolg entscheiden.