Verehrte Mitleidende,
wer kennt sie nicht, die gute, alte Mittelzugbremse von Mafac?
Von den Hebelverhältnissen her einer aktuellen V-Brake nicht unähnlich und doch oft enttäuschend, wenn es ans Verzögern geht?
Wackelnd und quietschend, dass man nicht mal eine Radlaufglocke vermisst?
Hier mal ein wirklich gut erhaltenes, praktisch unverschlissenes Exemplar, frisch gereinigt und gefettet:
https://videos.rennrad-news.de/1724/laufrad_2(natürlich weiß ich, dass die Bremsschuhe im Video falschrum montiert sind.
)
Die Lagerung ist werksseitig nicht einstellbar und dank ungeahnter Fertigungstoleranzen waren die wenigsten dieser
Bremsen selbst im Neuzustand auch nur annähernd spielfrei. Die dünnen Ärmchen verformen sich, die Lagerung wackelt und die
Bremsbeläge schlirren auf der Felge hin und her, dass sich jedem Nutzer modernerer Rennradtechnik der Magen umdreht.
Doch halt! Das muss nicht sein!
Industrie und Schraubenhandel halten die Lösung für ganz kleines Geld parat.
Man braucht für einen Satz
Bremsen:
- 4 sehr kurze Madenschrauben M6 (hier: 5 mm lang)
- 8 stabile Kunstoff-Gleitlager mit Bund, 10 mm Außendurchmesser, 8 mm Innendurchmesser, 4,5 mm Einstecktiefe, mind. 1 mm Bundstärke
- Plastikhammer
- Dremel mit Trennscheibe
- Fett
- dünnes Rohr oder stabile Zange
Die passenden Buchsen habe ich bei Igus entdeckt, einem großen Lagerhersteller mit wunderbarem Online-Shop. Dort ist man auch Privatleuten und Kleinmengen gegenüber nicht abgeneigt und ich habe gleich mal das belastbarste Material für Kunstoff-Gleitlager gewählt: Iglidur Z. Muss aber nicht sein, das geht auch billiger.
http://www.igus.de/default.asp?PAGE=iglidur&C=DE&L=de
Die originale Lagerung, zerlegt:
Nicht bei jeder Bremse sind die hier gezeigten doppelten Unterlegscheiben verbaut; das ist "mal so, mal so"...
Alte und neue Lager im Vergleich:
Ich habe mich dafür entschieden, zwei Buchsen mit Bund für jeden Bremsarm zu verwenden, die sich in der Mitte nicht berühren und im Arm selbst nicht drehen sollen. Der Trick zur spielfreien und einstellbaren Lagerung liegt dabei an anderer Stelle, denn natürlich wäre ein so ausgerüsteter Bremsarm nach dem Anziehen der Sechskantschraube völlig blockiert.
Die eingepressten Buchsen (leichtes Beklopfen mit einem Hammer bringt sie später noch in die endgültige Position):
Und jetzt der Trick mit der einstellbaren, gekonterten Lagerung:
Weil die Bolzen der Ankerplatte zuuufällig etwas über 3 mm große, durchgehende Bohrungen haben, passt da natürlich auch ein 3 mm Inbusschlüssel rein. Mit dem setzt man "von hinten durch die Brust ins Auge" je eine kleine Madenschraube ein, die dann von vorn mit der originalen Sechskantschraube das Spiel einstellbar macht und gekontert wird.
Wenn die Madenschraube, wie hier, länger als ca. 3 mm ist, muss die Sechskantschraube ein wenig gekürzt werden:
Einstellen und Kontern mit 3 mm Inbus und 12 mm Schraubenschlüssel - wer der Sache nicht traut, kann auch noch
Schraubensicherung verwenden:
Und fertig ist die zornige, unterschätzte Uralt-Bremse aus der Mottenkiste. Gescheite Beläge helfen noch ein wenig nach...
... und werden samt Schuhen so hingebogen, dass sie garantiert immer in Fahrtrichtung zuerst an der Felge anliegen.
Und weil die Federn viel zu stark sind, biegen wir sie deutlich nach, um angenehmere Handkräfte zu erreichen:
Rechts vorher, links nachher - das kann aber noch deutlicher werden; es reicht, wenn die Federn gerade so eben etwas Spannung aufbauen.
Wohl bekomm's!