Mal realistisch betrachtet sind wir alle hier Hobbyradler, mehr oder weniger ambitioniert. Realistisch betrachtet wird flächendeckend wenig passieren, Radfahrer sind und bleiben eine verschwindend geringe Lobby, Rennradfahrer sind schonmal völlig uninteressant für die Volksvertreter, da wir ja eine besondere Spezies darstellen. D.h. wir brauchen geteerte/asphaltierte Wege, Schotter geht auch nicht, also Wege auf denen man theoretisch mit anderen Rädern (zur Arbeit) fahren könnte.
Radwege werden ja total unterschiedlich definiert. Klar gibts Radwege in den sonderbarsten Formen innerstädtisch, aber ich denke, wir sind uns einig, dass das für uns Rennradler allenfalls Wege sind, die hin führen zum Trainingsgebiet oder besser gesagt aus der Stadt herausführen. Man kann innerstädtisch auf diesen teils "fantastischen" im Sinne von gefährlichen Radwegen wohl kaum von Trainieren sprechen. Hier fährt man halt, möglichst auf direktem Wege raus ins "Freie":
Ich besitze garkein reinrassiges Rennrad mehr, sondern bin zur Überzeugung gekommen - für mich - dass es mir um die Fitness geht und ich das Rennradgefühl aber trotzdem gern haben möchte und trotzdem will ich nicht zu 90% auf Landstraßen fahren oder umdrehen müssen, wenn mir die kleinste Schotterpiste entgegenkommt. Also, wie im Thread mehrfach erwähnt Cylcocross. In der Praxis bin ich damit superflexibel und kann vor allem die (eben leider nicht zu
100% geteerten/asphaltierten) Radrouten nutzen, und das sieht dann eben so aus wie im Bildanhang.
Je nach Tageszeit und Laune (vor allem) fahr ich auch gern mal beruhigte Landstraßen, aber ich merke halt immer wieder, wie knapp überholt wird, wie knapp eingeschert wird und man keine 5 Sekunden Zeit und Lust hat zu warten und koste es was es wolle, überholt der Sprinter halt auch in der Kurve bei Gegenverkehr und drückt dich im zweifel halt dann gern mal in den Straßengraben. Wir sind als Rennradler immer die Deppen, völlig wurscht. Und selbst bei einer Anzeige, die meistens ja doch ohne Spuren verläuft am Auto, ziehen wir den Kürzeren. Alles in allem fahr ich trotz der Risiken auch immer mal wieder Landstraße, aber ich fühl mich weder wohl dort noch entspannt es mich. Ich kann dann halt mal ordentlich Tempo fahren und auf der Geraden meine 40kmh brettern, das geht wohlbemerkt auf ruhigen Radrouten (nicht innerstädtischen Radwegen) auch, aber klar ist auch, auf der Landstraße gibts keinen Gegenverkehr auf der rechten Spur (abgesehen von völlig hirnlos überholenden Autos der Gegenspur).
Insgesamt fahre ich mit meinen 26mm dicken CX
Reifen garnicht mal so schlecht, nach knapp 2 Jahren Wiedereinstieg, halt ohne Rennrad, nur mit Crosser, merke ich, dass ich konditionell jedem ähnlich trainierten Rennradler bei uns hier davon fahre. Auch bei Vereinsfahrten, bei denen ich mich manchmal angehängt habe, hatte ich mit dem Rad keine Probleme, zumindest keine, die auf die 6mm dickeren
Reifen oder die etwas entspanntere Sitzposition zurückzuführen wären.
Kurzum: Hier bei uns im stark befahrenen Rhein Main Gebiet muss man schon sehr sehr gewählt die Landstraßen aussuchen und das nervt mich, da ich die wirklich wenig befahrenen Straßen an einer Hand aufzählen kann. Und die haben subjektiv wieder das Problem, dass sie leer sind und dann halt die einzelnen Fahrer von Dorf zu Dorf dort rumrasen, geblitzt wird auf solch abgelegenen Straßen nämlich auch nie, lohnt nicht. Auf stark befahrenen Verbindungslandstraßen wird vielleicht weniger gerast, wenn die Verkehrsdichte hoch ist, dafür ist jedes überholende Auto inkl. genervtem Fahrer ein Risiko.
Meine Bekannten, die Rennrad fahren, haben alle richtige Rennräder und die halten von Crossern alle nichts, auch wenn keiner von ihnen jemals auf dem Crosser gefahren ist. Konditionell würde ich mich sogar als deutlich besser gewappnet ansehen, da es sich halt doch schwerer fahren lässt im Wald als auf einer Straße, wo man so oder so besser rollt.
Fazit ist für mich, mir gehts in erster Linie um Fitness und Entspannung. In zweiter Linie fühle ich mich als verkannter Armstrong
und weiß, dass ich mit meiner Fahrerei so wie so keinen Blumentopf gewinnen werde und wer sich das mal klar macht, dem ist es nicht mehr so wichtig, ob er mit 29er (mein derzeitiger Schnitt auf Radrouten (90%) kombiniert mit ruhigen Landstraßen (10%)) oder 35er Schnitt daheim wieder ankommt, wo keine jubelnde Masse wartet, wo es keinen interessiert, ob ich nun 6kmh schneller war oder nicht. Klar, mich selbst interessierts und jeder hat so seinen Ansporn, aber wer sich besinnt, weiß, dass man doch nur für sich fährt.
Ich bin mir sicher, würde ich irgendwo im ruhigen Gefilde wohnen, würde ich mehr Landstraße fahren, so muss man das immer abwägen. Ich sehe immer wieder Rennradler auf Landstraßen fahren, die ich mit dem Auto ja schon ungern benutze wegen der vielen Raser, Überholer und Co... Ich selbst überhole nur dann Rennradler, wenn ich freie Bahn habe, komplett mit meinem Auto auf die andere Spur wechseln kann, gefahrlos wieder einscheren kann und niemanden gefährde. Aber das ist und wird die Ausnahme bleiben.
Ich hab gelernt, niemand passt sich an meine Wünsche an, ich muss mich den Gegebenheiten anpassen und ich hab mich mit meinem Rennrad immer geärgert, wenn ich knapp überholt wurde, ich hatte schon 2x das Gefühl, den Seitenspiegel am Hintern zu haben. Und das ist es scheixxgefühl. Seither fahre ich am liebsten abseits jener Landstraßen. Und wenn ich Landstraße fahre, bin ich froh, so schnell es geht, wieder auf eine abgeschiedene Radroute zu kommen, eine der berühmten "R3/4 etc" Routen meistens. Und dennoch verstehe ich gerade an Feiertagen oder Sonntagen jeden Rennradler, der konstant trainieren will und das geht leider nur auf Straße vernünftig, das weiß ich auch.
Gute Fahrt allen!