Als ehemals in der Branche tätiger muss ich mir jetzt echt mal Luft verschaffen! Echt eine Frechheit hier... Moment, stimmt ja leider. Fast. Alles. Vieles kommt mir jedenfalls bekannt vor...
Radläden sind in der Regel einfach übelst chaotisch bis gar nicht organisiert, vom Bestellwesen bis zur Terminplanung. Das dürfte das Hauptproblem sein, und bringt dann halt diverse Folgeprobleme mit sich. Bis hin zur Laune und Einstellung der Mitarbeiter. Wird sich auch wohl nicht mehr ändern.
Das Selbst-Zentrieren von Systemlaufradsätzen (mit wenigen, unkonventionellen Speichen) würde ich einem Späteinsteiger trotzdem nicht mehr empfehlen, da kann man viel verschlimmbessern, bis hin zu kaputt.
Zum Thema Organisation: Das ist leider wahr. Selbst Läden mit guter Aussendarstellung sind intern oft genug chaotisch. Aus interner Sicht wird dies oft als ganz normaler Alltag wahrgenommen ("war schon immer so" oder "ist andernorts noch schlimmer"). Die mangelnde Erfahrung / Ausbildung der Angestellten tut ihr Übriges dazu. Liegt zum Teil sicher an der bescheidenen Bezahlung und an den eher suboptimalen Arbeitszeiten. Dazu wird überdurchschnittlicher Einsatz leider oftmals nicht genügend wertgeschätzt - sowohl finanziell wie auch darüber hinaus.
Zum Thema Laufradzentrieren: Viele können oder wollen die Zeit dazu nicht aufbringen. Dazu kommt, dass man effektiv relativ schnell relativ viel (Geld) zerstören kann. Und
@Dr_Bakterius hat zudem das potenzielle Handling eines Auftrags detailliert beschrieben. Es gibt auch Leute, die fragen in einer Werkstatt nach der Reparatur eines platten Reifens.
Wo ist das Problem dies im Service einzupreisen bzw. mit Service Geld zu verdienen? Manchmal denke ich der gemeine Radhändler in der Provinz ist noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Ich bin nicht bereit durch eine Mischkalkulation beim Neukauf diesen „Status“ zu erlangen. Beim KFZ geht es doch auch so.
Fehlende geistige Flexibilität, auf aktuelle Entwicklung zu reagieren: Das Internet hat die Wissensdifferenz zwischen Händler und Kunde drastisch sinken lassen, und zudem durch den Direktvertrieb noch eine zusätzlich Konkurrenz geschaffen. Darauf können viele immer noch nicht zeitgemäss reagieren (siehe dazu Post von
@Ottonormal), sondern einzig destruktiv (Ablehnung von Direktvertriebsware, Beschimpfungen von Kunden mit fachlichen Detailfragen).
Dein größter Fehler war die Naivität den Zusagen des Händlers zu glauben. Ich gehe mittlerweile grundsätzlich davon aus, dass nichts so funktioniert wie vereinbart. Das hilft den Blutdruck unten zu halten und ggf einfach abzuwinken.
Und wir wundern uns ernsthaft, dass der Wohlstand stagniert bzw. vermutlich bald signifikant zurückgehen wird? Ich lebe zurzeit in einem mit Subventionen aufgeblasenen Entwicklungsland. Hier muss man für alles dreimal bitte sagen und hoffen, dass es geschieht (mein Blutdruck ist quasi dauergesenkt, um bei deinem Beispiel zu bleiben). Es ist völlig normal, dass etwas nicht funktioniert, Waren nicht vorhanden sind oder jemand nicht oder viel zu spät zu einem Termin erscheint. Nein, so will der Deutsche/Mitteleuropäer nicht leben. Es wird aber schleichend dahin gehen, weil...
Ich arbeite seit 30 Jahren im Vertrieb. An Zusagen gegenüber dem Kunden hält man sich. Und wenn etwas dazwischenkommt, ruft man den Kunden mit einem Lösungsvorschlag an. Dabei ist es egal, ob es sich um ein Premium-Autohaus, ein Radgeschäft oder ein Kiosk handelt. Denn allen Dreien bringt der Kunde die Brötchen auf den Teller. Daran gibt es nichts zu verstehen.
Es eben leider nicht (mehr? Bin noch keine 60...) selbstverständlich ist. Es aber sein sollte. Am Ende sorgt (indirekt) IMMER der Kunde dafür, dass man Gehälter, Miete und Strom zahlen kann. Leider gibt es dieses Verständnis, welches auch mit einem gewissen Anspruch an sich selbst einhergeht, nicht überall.
Also ich finde schon, dass der Händler, die LRS, die er selbst auch vertreibt, soweit kennen sollte. Bei den Hookless-Rädern ist es ja so, dass das System gerade für Tubeless und niedrige Drücke, breite
Reifen etc. gemacht ist - da einen
Schlauch reinzuziehen ist entweder eine Notaktion zum Fixen einer Panne unterwegs oder eine Vergewaltigung des Hookless-Systems
Dein Punkt öffnet mir insofern schon eine neue Perspektive; für mich klang es in dem Moment erstmal unseriös im Sinne von: Will ich wirklich, dass einer, der die eigenen LRS so schlecht kennt, an meinen rumschraubt?
Und auch wenn nicht, wofür brauche ich dann einen Experten (Radladen)? Dann muss er eben kurz recherchieren, oder, wie hier auch geschrieben wurde, eine saubere Warenannahme machen.
Zum Eingangspost: Sofern die Situation so ist wie von
@SGEuropa geschildert, hat der Händler einfach einiges nicht im Griff (das Beispiel mit dem Rahmen sagt ja alles - Umsatz auf dem Silbertablett serviert, davon träumen zahlreiche Verkäufer dieser Welt...), und sich am Kunden abreagiert. Das grösste Problem war falsches Expectation Management - einen zeitkritischen Auftrag für Samstag zu terminieren, ist Schwachsinn. Ein souveränder Chef stellt sich in diesem Moment vor den Kunden und streut etwas Asche auf sein Haupt - ein talentierter kreiert daraus mitunter sogar eine positive Situation. Falls der Laden gerade überläuft, was gut sein kann, ruft man am Montag in aller Ruhe nochmals den Kunden an und rückt es gerade.
Und zu guter Letzt: Es gibt auch genügend Gegenbeispiele. Ich mag mir kein Urteil bzgl. Repräsentanz in Deutschland bilden (zumal ich nie in Deutschland gearbeitet habe). Aber es soll betont sein, dass zahlreiche Radhändler und ihre Angestellten jahrein, jahraus einen super Job machen. Das Auskommen ist meistens bescheiden, und die Arbeitszeiten sind weder freizeit- noch familienfreundlich. Dazu kommen (wenige) Kunden, welche sich daneben oder frech aufführen.